Ursula Poznanski: Thalamus [Rezension]
Ein schwerer Motorradunfall katapultiert den siebzehnjährigen Timo aus seinem normalen Leben und fesselt ihn für Monate ans Krankenbett. Auf dem Markwaldhof, einem Rehabilitationszentrum, soll er sich von seinen Knochenbrüchen und dem Schädelhirntrauma erholen. Aber schnell stellt Timo fest, dass sich merkwürdige Dinge im Haus abspielen: Der Junge, mit dem er sich das Zimmer teilt, gilt als Wachkomapatient und hoffnungsloser Fall, doch nachts läuft er herum, spricht – und droht Timo damit, ihn zu töten, falls er anderen davon erzählt.
Eine Sorge, die unbegründet ist, denn Timos Sprachzentrum ist schwer beeinträchtigt, seine Feinmotorik erlaubt ihm noch nicht niederzuschreiben, was er erlebt. Und allmählich entdeckt er an sich selbst Fähigkeiten, die neu sind. Er kann Dinge, die er nicht können dürfte. Weiß von Sachen, die er nicht wissen sollte… (Klappentext)
Wenn es ein neues Buch von Ursula Poznanski gibt, kann ich es kaum erwarten, es in den Händen zu halten. So auch bei “Thalamus”, dem neuesten Jugendthriller der Wiener Autorin. Ich bin immer wieder fasziniert davon, wie sie hochaktuelle, zunehmend auch technische Themen gut verständlich in einen spannenden Thriller verpackt.
In “Thalamus” geht es um den 17jährigen Timo, der auf dem Weg zu seiner Freundin Hanna einen schweren Unfall mit dem Moped hat. Für mich erst mal ein Trigger, da ich erst vor kurzem Ersthelferin bei einem Motorradunfall mit drei Schwerstverletzten war. Nun war ich mit den Folgen eines solchen Ereignisses konfrontiert. Timo liegt eine Zeit lang im Koma und als er wieder erwacht, kann er sich kaum bewegen. Besonders belastend ist für ihn auch der Verlust seiner Sprechfähigkeit.
In einer Rehaklinik soll Timo sich von seinem Schädelhirntrauma und den Knochenbrüchen erholen. Er macht zu seiner großen Freude rasend schnelle Fortschritte, außer beim Sprechen. Schnell stellt Timo fest, dass es hier auch andere Jugendliche gibt, die ein ähnliches Schicksal ereilt hat. Auch sie erholen sich erstaunlich schnell. Merkwürdig ist allerdings, dass Timo und einige der anderen nachts schlafwandeln und dabei Fähigkeiten haben, die tagsüber nicht zu Tage treten. Als dann auch noch eine Stimme in Timos Kopf zu sprechen scheint und er plötzlich Dinge tun kann, die extrem unwahrscheinlich sind, ist Timos Neugier geweckt. Er muss den Vorkommnissen auf den Grund kommen, denn im Markwaldhof geht es offensichtlich nicht mit rechten Dingen zu.
In “Thalamus” greift Ursula Poznanski dieses Mal ein medizinisches Thema auf, das sich derzeit in der Entwicklung befindet. Dabei spielt sie mit Eventualitäten, die aktuell noch Zukunftsmusik begleiten, und schafft so ein geheimnisvolles und spannendes Setting. Gewinnt man den Eindruck, dass alles ziemlich weit hergeholt und utopisch ist, so wird das Thema mit zunehmender Erkenntnis unfassbar realistisch.
Timo empfand ich als ein bisschen langweilig, wenn auch durchaus sympathisch. Er wirkte so, als könne man ihn leicht durch eine der anderen Figuren aus Poznanskis Jugendbüchern ersetzen. Er ist nett und hilfsbereit, neugierig und mutig und kämpft, wenn es darauf ankommt. Da gefiel mir sein Kumpel Carl mit C, den er in der Rehaklinik kennenlernt, schon besser. Auch Mona, eine ehemalige Turmspringerin, die mit ihrem Schicksal im Rollstuhl hadert, hatte eindeutig mehr Biss.
Die Geschichte an sich konnte mich von Anfang in ihren Bann ziehen und schnell wollte ich wissen, was da im Markwaldhof eigentlich vor sich ging. Es machte Spaß, mit Timo durch die Gänge zu schleichen und darauf zu hoffen, im Computerraum nicht erwischt zu werden. Auch die Dialoge mit den anderen Rehabilitanden waren erfrischend und natürlich hatte ich auch Angst vor dem unberechenbaren Magnus, mit dem sich Timo das Zimmer teilt.
Ursula Poznanski schreibt in ihrem prägnanten, schnellen und packenden Stil, der mich immer wieder begeistern kann. Gestört haben mich dieses Mal kleine Logikfehler, die mich irritiert haben. [zum Lesen des Spoilers markieren] So murmelt Timo nachts vor sich hin, merkt dabei aber nicht, dass er sprechen kann. Das kommt erst ein paar Seiten später. Auch erscheint mir unlogisch, dass die “Stimme” ihm Dinge auf eine Serviette schreibt, obwohl diese leicht gefunden werden kann, wo sie auch direkt mit Timo hätte kommunizieren können. [Spoilerende]
Insgesamt hat mich “Thalamus” trotz kleiner Schwächen sehr gut unterhalten und ich kann es kaum erwarten, den nächste Thriller von Ursula Poznanski zu lesen.
© Tintenhain
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Ursula Poznanski: Thalamus
Taschenbuch: 448 Seiten
Verlag: Loewe (13. August 2018)
ISBN-10: 3785586140
ISBN-13: 978-3785586143
Altersempfehlung: ab 14 Jahren
Preis: € 16,95 [D]
Rezensionsexemplar
Guten Morgen Mona!
Ich hab das Buch ja auch gerade gelesen und ich war sehr begeistert! Mir sind die kleinen “Fehler” in deinem Spoiler auch aufgefallen, allerdings fand ich es dieses Mal nicht so gravierend – wenn ich das mache krieg ich das auch nicht immer mit *lach* ich denke du weißt was ich meine, ich wollte das jetzt hier nicht schreiben weil du es ja extra als Spoiler markiert hast 😀 Ich denke, dass er sich darüber in dem Moment wirklich nicht bewusst war. Ich hab mir das einfach schön geredet, weil die Geschichte mich tatsächlich total gefesselt hat.
Und wenn mich was so mitreißen kann überseh ich so kleine Details gerne, vor allem hat sie für mich dieses Mal den Schluss sehr gut gemacht, nicht seltsam konstruiert wie ich sonst den Eindruck hatte, sondern wirklich schlüssig. Deshalb hat mir das Buch bisher von ihren Jugendthrillern am besten gefallen!
Liebste Grüße und einen schönen Sonntag
Aleshanee
Ich bin Poznanski-Neuling und greife nach meinem aktuellen Buch zu Elanus, bin sehr gespannt! Thalamus ist aufgrund der Thematik auch sofort auf meine Wunschliste gewandert. Danke für den Einblick!
Ich hab glaube ich zwei Bücher von Poznanski gelesen und fand das zweite nicht so prickelnd, weshalb ich dann keines mehr gelesen hab. Aber verdammt, ich will das jetzt lesen! 😀 Die Rezension macht voll Lust.
Hallo Mona,
obwohl ich Ösi bin, habe ich noch kein Buch von der Autorin gelesen, aber eines ist sicher: DIESES Buch muss ich haben. Ich war ja schon im Frühjahr durch den Klappentext angefixt, aber Deine Rezi hat mich jetzt regelrecht sabbern lassen.
Vielen Dank für die tolle Rezi!!
Liebe Grüße aus Wien
Conny
Liebe Mona!
Eine sehr schöne Rezension! Ich habe das Buch auch vor kurzen gelesen und begeistert rezensiert – habe Dich eben mal verlinkt…
Der Zaubertrick mit dem Spoiler ist ja genial!!! Hast Du das in Weiß getippt? Sehr coole Idee!
Liebe Grüße vom Lieblingsleseplatz,
Verena
Hey Mona,
das Buch ist direkt nach Erscheinen auf meine WuLi gewandert. Aber eher weil das Cover so mega ist #verpackungsopfer
Jetzt hast du mich noch neugieriger gemacht… Die Logikfehler sind natürlich schade, aber wenn es der Geschichte sonst keinen Abbruch tut. 🙂
Danke schön für deine Rezension. ❤
Hey 🙂
Ich gebe zu, ich fand ein paar Dinge in der Geschichte auch nicht schlüssig, aber das hat der Hörfreude keinen Abbruch getan :). Und etwas Positives hat das Hörbuch ebenfalls bewirkt: Ich bin aus meiner sich anbahnenden Leseflaute wieder herausgekommen …
Ab und zu braucht es diese Bücher einfach, wo man mehr oder weniger dran festklebt, in jeder freien Minute das Jens Wawrczeck lauscht und dann fast ein bisschen enttäuscht ist, dass es zu Ende ist. Einfach um den Schwung wiederzufinden :D.
Bis jetzt hab ich meiner Begeisterung ja nur auf Goodreads Ausdruck verliehen, aber mal sehen, vielleicht wird ja mal noch ne Rezension am Blog draus …
Liebe Grüße und ne erfolgreiche Kur!
Ascari
Hallo Mona,
erst durch deine Rezension sind mir die Ungereimtheiten aufgefallen! XD Stimmt, diese Aktionen sind absolut nicht schlüssig. Vielleicht liegt’s bei mir am Medium? Ich habe das Hörbuch gehört. Oder hat mich Poznanski so gefesselt, dass ich dafür keine Ohren hatte?
Hauptsache, du hast dich gut unterhalten gefühlt. Mich hat Ursula Poznanski diesmal von Anfang bis Ende begeistert.
Liebe Grüße,
Nicole