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Ursula Poznanski/ Arno Strobel: Fremd [Rezension]

Cover Ursula Poznanski Arno Strobel Fremd
Cover © Wunderlich

Inhalt:
Joanna ist einer Panikattacke nahe als ein Fremder in ihre Wohnung eindringt. Ein Einbrecher? Ein Vergewaltiger? Doch es kommt ganz anders, der Fremde eröffnet ihr, er sei ihr Verlobter. Doch Joanna ist sich sicher, sie hat diesen Mann noch nie gesehen und alles deutet daraufhin, dass sie allein lebt. Wer ist dieser Mann, der gewaltsam in ihr Leben eindringt?
Erik kommt nach Hause, doch statt einer liebevollen Umarmung erwartet ihn seine Verlobte mit einem Briefbeschwerer in der Hand. Er ist fassungslos als sie ihn angreift und behauptet, ihn nicht zu kennen. Doch auch seine Sachen befinden sich nicht mehr im Haus. Ist er vielleicht derjenige, der verrückt ist?
Während Erik und Joanna versuchen herauszufinden, was los ist, wird ihre Situation immer verzweifelter. Und schon bald ist ihr Leben in Gefahr.


Nun habe ich ein Buch von Arno Strobel gelesen, einen Psychothriller! Und das ist dann wohl Ursula Poznanski zu verdanken und natürlich der unterhaltsamen Lesung beim Braunschweiger Krimifestival.

Dort habe ich mir das Buch spontan gekauft, allerdings noch unschlüssig, ob ich es überhaupt lesen wollte. Aber es klang spannend und vor allem nicht nach einem “nackt und zerhackt”-Thriller. Also wenigstens mal anlesen. Die ersten beiden Kapitel kannte ich schon von der Lesung. Die gleiche Eingangsszene erst aus ihrer Sicht, dann aus seiner. Doch keine Bange, nicht jede Szene wird aus zwei Sichten geschildert, wobei es allerdings doch immer wieder Überschneidungen gibt. Doch beim Anlesen blieb es nicht. Schnell war ich selbst in die unwirkliche Situation verstrickt, in der sich die beiden Protagonisten befinden. Wusste nicht, wem ich glauben sollte, immer auf der Suche nach Hinweisen. Aufhören ging nicht mehr.

Als die Mittagsruhe des Purzelchens beendet war, wurden die beiden Großen kurzerhand im Wechsel zum Bespaßen der kleinen Schwester gerufen. Gut, dass Ferien sind! Am Abend gab es Fernsehverbot für den Mann, ich kann nicht lesen, wenn die Glotze läuft. Erst als kurz vor Mitternacht meine Vermutungen bestätigt und alle ungelösten Puzzleteile an ihrem Platz waren, konnte ich erleichtert aufatmen. Wann habe ich zuletzt auf diese Weise ein Buch verschlungen?!

Der Thriller “Fremd” ist aus einem kleinen Schreibexperiment zwischen Arno Strobel und Ursula Poznanski, quasi aus einer Bierlaune heraus entstanden. Sie schrieb ein Kapitel er schrieb ein Kapitel und irgendwann stellten sie fest, die Story könnte funktionieren und ein Buch daraus entstehen. Es trifft sich gut, dass Joanna und Erik abwechselnd erzählen und so auch eine klare Verteilung bei den Autoren bestand. Abweichungen im Schreibstil erklären sich so von selbst bzw. helfen sogar beide Ich-Perspektiven auseinander zu halten. Trotzdem gibt es keine Brüche und der Roman liest sich wie aus einem Guss. Der flotte Sprachstil mit meist kurzen Sätzen und schnellen Dialogen unterstützt den Spannungsaufbau. Auch wenn man in der Hälfte des Buches ahnt, was eigentlich passiert sein muss und wie die Dinge liegen, so steht dennoch die Frage nach dem Warum im Raum und hält die Spannung aufrecht.

Was das Buch vor allem in der ersten Hälfte so spannend macht, ist dass beide Charaktere außerordentlich glaubhaft dargestellt werden. Immer können sie auch in Bezug auf ihre Umgebung überzeugen. Man bekommt kaum einen Anhaltspunkt für die Wahrheit. Beide überzeugen den Leser absolut davon, dass ihre Wahrheit die richtige Wahrheit ist. Das macht einen großen Reiz in der Geschichte aus, und das beste daran ist, dass so absurd die Story beginnt, so überzeugend findet sie zu einem logischen und nachvollziehbaren Ende. Einzig die Tatsache, dass Erik sich nicht weiter daran stört, dass sämtliche seiner persönlichen Sachen verschwunden sind, hat mir widerstrebt.

Dass ein Psychothriller nicht immer auf Gewalt, Folter und Ekel setzen muss, um spannend zu sein, zeigen Poznanski und Strobel in diesem intelligenten und geschickt konstruierten Roman. Umso mehr freut es mich, dass die beiden Autoren bereits ein weiteres gemeinsames Projekt planen. Mich konnte das Buch auf ganzer Linie überzeugen und ich kann es auch denen empfehlen, die wie ich das Genre eher meiden.

© Tintenhain


Weitere Rezensionen von Bloggern
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weitere Bücher von Ursula Poznanski (Rezensionen sind ggf. verlinkt)

Thriller für Erwachsene
Vanitas – Schwarz wie Erde (Band 1)
Vanitas – Grau wie Asche (Band 2)
Fremd (mit Arno Strobel)
Anonym (1) (mit Arno Strobel)
Invisible (2) (mit Arno Strobel)
Fünf (Kaspary/Wenninger Band 1)
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Stimmen (Kaspary/Wenninger Band 3)
Schatten (Kaspary/Wenninger Band 4)

Jugendbücher
Aquila
Elanus
Erebos
Erebos 2
Layers
Saeculum
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Die Verratenen (Eleria 1)
Die Verschworenen (Eleria 2)
Die Vernichteten (Eleria 3)

Kinderbücher
Buchstabendschungel
Die allerbeste Prinzessin

Mehr Bücher von Arno Strobel im Tintenhain
Der Sarg (Gastrezension)


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Einzelband
Broschiert: 400 Seiten
Verlag: Wunderlich (30. Oktober 2015)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3805250843
ISBN-13: 978-3805250849
Preis: €16,99 [D]
Kauf
Cover Ursula Poznanski Arno Strobel Fremd
Cover © Wunderlich

23 Kommentare

  1. Ich habe erst letztens ein Buch mit einer ähnlichen Tematik, aber in einem anderen Genre (magischer Realismus aus Skandinavien) gelesen – Der Mann, der vergessen wurde.
    Da mich das Thema irgendwie reizt, wandert der Thriller jetzt auf jeden Fall auf meine Wunschliste, auch wenn ich ebenfalls zu denen gehöre, die eher ausnahmsweise zum Thriller greifen :).
    Danke für die sehr persönliche Rezi!

  2. Das klingt schon einmal gut. Ich werde das Buch auf jeden Fall lesen, weil mich der Aufbau des Thrillers bzw. die Herangehensweise der beiden Autoren total reizt.
    Du sprichst hier an, dass der Mann seine Sachen in der gemeinsamen Wohnung nicht wirklich vermisst. Das ist wieder so ein Punkt, der mir sicherlich gegen den Strich gehen wird. Gut, dass ich vorbereitet bin.

  3. “Dass ein Thriller nicht immer auf Gewalt, Folter und Ekel setzen muss, um spannend zu sein…” Mona, es gibt so viele so gute Thriller, die kaum Gewalt brauchen und vielmehr die Psyche erschaudern lassen. Auch “nackt und zerhackt” muss ein Thriller überhaupt nicht sien….diee mag ich auch nicht so….
    Ohne auch nur eine weitere Rezi lesen zu müssen, kommt dieser Titel direkt auf die WuLi!!! Klingt megagenial 🙂
    Mit thrillerigen Grüßen, Heike

    1. Liebe Heike,
      ich weiß, dass ein Thriller nicht “nackt und zerhackt” sein muss. Ich lese sehr gern Andreas Eschbach, der mit seinen Romanen auch unter Thriller fällt. Bei Arno Strobel, Sebastian Fitzek und Co. reicht mir allerdings meist schon der Klappentext, um zu wissen, dass ich davon nicht schlafen kann. Seit “Blinde Vögel” von Ursula Poznanski kann ich das Lied “Häschen in der Grube” nicht mehr ohne Beklemmung singen, ich meide das Lied, weil es eine grausame Szene herauf beschwört.
      Heute im Buchladen habe ich – angefixt durch “Fremd” – nach einem Thriller gesucht. Auf dem Tisch lagen nur Bücher, deren Titel oder wenigstens der Klappentext Psychopathen, “grausame Tode” ect. verhießen. Ich habe es also wieder aufgegeben. Mir scheint schon, dass die Suche nach einem unblutigen Thriller ohne Folter, Vergewaltigung, Verstümmelung, Kinderentführung oder -missbrauch die Suche nach der berühmten Nadel im Heuhaufen ist. Welche der hier aufgelisteten Psychothriller kannst du empfehlen?
      http://www.lovelybooks.de/buecher/krimi-thriller/Das-sind-die-besten-Psychothriller-1037535717/
      Das ist so in etwas das, was man in einer Buchhandlung unter dem Label Thriller findet. Ich bin gespannt auf deine Tipps! 😀
      Liebe Grüße
      Mona

  4. Hui, freut mich total, dass es dir gefallen hat! Jetzt bin ich noch gespannter als vorher schon! *lach* Ich gehe es morgen in unserer Buchhandlung abholen, werde es aber wohl erst nächste Woche lesen können. Mal sehen 🙂
    Liebe Grüße!

  5. Das hört sich echt spannend an!!! Ich mag solche Thriller auch sehr gerne, die eben nicht ein verkappter Krimi sind oder wo es “nur” um einen Mörder geht! Das Buch ist direkt auf meiner Wunschliste gelandet 🙂
    Von Arno Strobel kenne ich eh noch nichts, da wirds jetzt wohl mal Zeit ^^
    Liebste Grüße, Aleshanee

    1. Ich kenne von Arno Strobel auch weiter nichts und vermutlich wird das trotzdem auch erst mal eine Weile lang so bleiben. Es sei denn jemand kann mir eins seiner Bücher empfehlen, weil dort niemand gefoltert, entführt, missbraucht etc. wird. Hat bisher aber noch niemand gemacht. 😉
      Das Buch hier ist aber echt toll – unbedingt lesen.
      Liebe Grüße
      Mona

  6. Hallo,
    mich würde mal interessieren ob das Buch Ähnlichkeiten mit “Der Trakt” von Arno Strobel hat. Denn als ich die Vorstellung des Buches bei einer Booktuberin gesehen haben, musste ich sofort an dieses Buch denken.
    Die Handlung klang sehr ähnlich.
    Deshalb habe ich mich erstmal nicht auf dieses Bch “gestürzt” sondern wollte mal ein paar Meinungen abwarten.
    Hast du vielleicht auch der Trakt von Arno Strobel gelesen und kannst dazu etwas sagen?
    LG
    die Yvi

    1. Hallo Yvi,
      keine Ahnung, ich habe noch nie was von Arno Strobel gelesen. Ich bin wie gesagt keine Psychothrillerleserin, weil mir meist schon die Klappentexte Angst machen. 😉
      Liebe Grüße
      die Tintenelfe

  7. Hallo,
    mir gefällt deine Rezi super gut! Sehe es ähnlich wie du!
    Schau doch gerne mal hier vorbei:
    Liebe Grüße
    Niklas

  8. Hallöchen Liebes,
    ich finde, deine Rezension ist richtig gut geworden, deswegen habe ich sie auch mal bei mir unter der Rezi verlinkt! 😉 Ich fand das Buch echt verdammt spannend. Ich finde, diese beiden Autoren sollten öfter zusammen schreiben. 😀
    Liebst, Lotta

  9. Liebe Mona,
    eine tolle Rezension von Dir 🙂
    Ich mag auch am liebsten Psychothriller und bin der Meinung, das gerade diese, wenn sie gut gemacht sind, kaum blutige Szenen nötig haben! 🙂
    Das ist der Grund, warum ich die gängigen Thriller nicht mehr lese und höre. Ständig “Rundumgemetzel” usw. brauch ich nicht und mag ich nicht 🙂
    Umso erfreuter bin ich dann wenn ich auf einen solchen Thriller wie “Fremd” treffe.
    Du kannst nicht lesen wenn der TV an ist? Mir macht das nichts, ich glaub mein Mann wäre da aber auch weniger tolerant wenn ich ihm den Tv verbieten würde *kicher*
    LG Ela

      1. Gerne kannst du verlinken 🙂
        Wegen den Psychothrillern muss ich mal in Ruhe schauen 🙂
        LG Ela

  10. Hallöchen Mona,
    das buch möchte ich auch unbedingt noch lesen. Es muss dich ja richtig eingenommen haben und das liebe ich. Ich kann übrigens auch nicht so gut lesen wenn die Glotze läuft ;-). Bei der Lesung wäre ich auch gerne gewesen aber leider konnte ich nicht zu dem Termin genauso wenig wie in Hannover :-(.
    Du warts ja bei vielen schönen Lesungen in letzter Zeit ;-). Das finde ich toll.
    Liebe Grüße,
    Vanessa

  11. Hallo Mona! 🙂
    Also mich konnte “Fremd” nicht wirklich überzeugen. Die erste Hälfte war soooo vielversprechend… Bis das Ganze in diese Verschwörungs-Hollywood-Blockbuster-Richtung ging. Das war einfach nicht so meins. Auch das Ende fand ich leider eher schwach…
    Liebe Grüße
    Peter
    http://www.petersbuecherkiste.blogspot.de

    1. Vielleicht muss ein dramatischer, verstörender Auftakt auch einen dramatischen Hintergrund haben, mit dem man so gar nicht gerechnet hat? Tatsächlich ist es so, dass die Autoren anfangs einfach losgeschrieben haben und sich erst im Laufe des Schreibens den Hintergrund überlegt haben. Ich habe das beim Lesen gewusst und anerkannt.
      Liebe Grüße
      Mona

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