Alina Bronsky: Schallplattensommer [Rezension]
Als einziges Mädchen im Umkreis von 13 Kilometern ist Maserati Aufmerksamkeit gewohnt. Dabei will sie nur eines: Den Feriengästen selbstgemachte Limonade ihrer Oma servieren und die Tage bis zur Volljährigkeit zählen. Mit der Liebe will sie nichts zu tun haben – und schon gar nichts mit den Annäherungsversuchen der Söhne der reichen Familie, die gerade die Villa im Dorf gekauft hat.
Doch dann stellen Caspar und Theo verbotene Fragen: Warum hat Maserati kein Smartphone? Wovor hat sie solche Angst? Und wie kann es sein, dass ihr Gesicht das Cover einer alten Schallplatte ziert? Plötzlich steckt Maserati bis zum Hals in Geheimnissen zweier Familien und im eigenen Gefühlschaos.
(Inhaltsangabe © dtv)
Auf “Schallplattensommer”, den neuen Jugendroman von Alina Bronsky, habe ich mich schon sehr gefreut. Ihre Bücher können mich immer wieder überraschen, sind unverfälscht erfrischend und dabei einfach auch angenehm und unterhaltsam zu lesen.
In “Schallplattensommer” geht es um die sechzehnjährige Maserati, die zusammen mit ihrer Großmutter einen Imbiss betreibt. Zur Schule will sie nicht zurück, obwohl sogar der Klassenlehrer, der ihr großes Potenzial sieht, persönlich vorbeikommt. Maserati lässt ihn abblitzen. Sie bemerkt täglich aufs Neue, wie ihre Oma geistig und körperlich abbaut. Es bleibt alles immer mehr an ihr hängen. Ein wenig Leben kommt in das eintönige Leben zwischen Teigtaschen und Limonade als die alte Villa am Dorfrand neue Bewohner bekommt und damit gleich zwei Jungs in ihrem Alter. Diese versuchen auch gleich Kontakt aufzunehmen, doch Maserati, die als einziges Mädchen ihres Alters weit und breit Aufmerksamkeit gewohnt ist, gibt nicht viel darauf. Dennoch ist sie verunsichert, wenn der gutaussehende Jasper jeden Morgen bei ihren Schwimmrunden auftaucht und sie gerät endgültig aus der Fassung als Theo ihr Gesicht auf einem alten Schallplattencover entdeckt. Maserati bleibt nichts weiter übrig als sich endlich mit ihrer Kindheit auseinandersetzen und vielleicht zu beginnen, ein paar der Mauern um sich herum einzureißen.
Alina Bronskys Protagonisten sind oft sperrige Charaktere und auch Maserati ist nicht so leicht greifbar. Sie will nicht gefallen, nimmt ihr Umfeld kritisch aufs Korn und ist dabei herrlich zynisch. Immer wieder stößt Maserati Menschen, denen sie etwas bedeutet, vor den Kopf – mal beabsichtigt, mal ohne es zu merken. Ein Mädchen, das sich selbst noch nicht ganz gefunden hat, dabei aber trotzig behauptet. Vor dem Hintergrund der schwülen Sommerhitze und der vermeintlichen Leichtigkeit von Ferien thematisiert Alina Bronsky wie nebenbei die belastende Auseinandersetzung mit Suizidgedanken, Medienpräsenz, Demenz und sozialer Ausgrenzung. Wieder einmal gelingt es ihr, schwierige Themen ernsthaft und authentisch darzustellen und dabei mit dem zynisch-humorvollen Blick eines Teenagers dafür zu sorgen, dass die Leichtigkeit des Sommers spürbar bleibt und sonnige Moment bereithält. Zum Schluss bleibt die Gewissheit, dass Maserati ihren Weg gehen wird sowie die Hoffnung und Perspektive in Form eines Handys mit nur einer Nummer.
Mir hat “Schallplattensommer” richtig gut gefallen und ich habe die Begegnung mit den wenigen, dabei jedoch unglaublich authentischen unterschiedlichen Personen genossen. Nur an Maseratis Vornamen – sie heißt wirklich so – konnte ich mich nur schwer gewöhnen. Caspars nervtötendes Spiel, sie mit anderen Automarken zu necken, hat dazu ein Übriges beigetragen. Wer sich darauf einlassen kann, wird mit einem lesenswerten Coming-of-Age-Roman belohnt.
© Tintenhain
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Verlag: dtv (13. April 2022)
ISBN-10: 3423763701
ISBN-13: 978-3423763707
Altersempfehlung: ab 14 Jahren
Preis: € 15,00 [D]
auch als eBook
Rezensionsexemplar
Liebe Mona,
danke fürs Verlinken! ☺️
Die Nennung der verschiedenen Automarken fand ich tatsächlich auch etwas störend.
Herzliche Grüße
Marie