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Yrsa Sigurðardóttir: Das letzte Ritual (1) [Rezension]

Cover (c) btb Random House

In der Universität von Reykjavík wird die Leiche eines jungen Deutschen gefunden. Der Geschichtsstudent war fasziniert von alten Hexenkulten, und sein Mörder hat ihm ein merkwürdiges Zeichen in die Haut geritzt. Aber die isländische Polizei glaubt an einen Drogendelikt und verhaftet einen Dealer. Die Eltern des Opfers misstrauen den Ermittlungen: Sie beauftragen die junge Anwältin Dóra Gudmundsdóttir, den Fall noch einmal aufzurollen. Und auf der Suche nach dem wahren Mörder findet Dóra mehr über die dunklen Rituale heraus, als ihr lieb ist … (Klappentext)

Nach Yrsa Sigurðardóttirs Thrillern war ich inzwischen ganz heiß auf ihre Krimireihe um Dóra Guðmundsdóttir. Ich habe ehrlich gesagt nicht einmal im Klappentext nachgelesen, worum es gehen soll, so blind habe ich auf den Namen der Autorin vertraut.

Dóra, die als Anwältin in einer kleinen Kanzlei arbeitet, wird von einer deutschen Familie beauftragt, als Einheimische Erkundigungen zu einem Mord an ihrem Sohn, dem Studenten Harald Guntlieb, anzustellen. Ein grausamer Mord, der ganz offenkundig in Zusammenhang mit Drogen und vor allem Haralds morbidem Interesse an Hexenkulten und Hexenverbrennungen steht. Gemeinsam mit dem Angestellten der Familie Guntlieb, Matthias, versucht Dóra zu erfahren, was dem Studenten widerfahren ist.

Die Handlung entfaltet sich nur langsam. Es wird zunächst viel Zeit darauf verwendet, in die Materie der Hexenkulte und -verbrennungen einzuführen. So stoßen Dóra und Matthias auf das Wort Malleus Maleficarum und rätseln erst einmal herum, bis sie darauf stoßen, dass es sich um den “Hexenhammer” handelt, der dann auch lang und breit erklärt wird. Wenn man sich auch nur ein bisschen schon einmal mit der Zeit befasst hat, wird das schnell ermüdend. Auch die Befragungen der Freunde Haralds erweisen sich als langwierig und es dauert bis endlich mal richtig Schwung in die Geschichte kommt.

Dass Dóra in einer Anwaltskanzlei arbeitet, bekommt man in den acht Tagen, in denen der Mord aufgeklärt wird, eigentlich kaum mit. Über ihren Partner werden drei Worte verloren, nur die aus Versehen mitgekaufte Sekretärin Bella erinnert immer mal an Dóras Job. Man erfährt, dass Dóra alleinerziehende Mutter zweier Kinder ist, wobei hier der pubertierende Sohn Gylfi eine größere Rolle spielt.

Matthias, der deutsche Angestellte der gut situierten Familie Guntlieb, wird zunächst als überkorrekt gekleideter, steifer Schnösel gezeichnet und entspricht vermutlich einfach dem isländischen Klischee eines Deutschen. Erst ab der Hälfte des Buches bekommt er vermehrt Charakterzüge und wird als Mensch erkennbar. Dann allerdings gewinnt er schnell vielschichtigere Eigenschaften, die man gern besser kennen lernen möchte.

Ich habe mich einige Zeit recht schwer getan, bis meinem Eindruck nach auch die Autorin so richtig in ihre Geschichte gefunden hatte und wusste, was sie mit den Personen machen wollte. Dann erst wurde es richtig rund. Bis dahin hatte es vielmehr den Anschein als habe sie die Hexenverbrennungen und -kulte als Aufhänger genommen, um ihre Personen und die Handlung drumherum zu stricken.
Auch wenn es ein wenig Geduld braucht, so wird dann doch noch ein richtig guter Krimi daraus. Zunehmend gelingt es der Autorin, ihren Figuren Tiefe zu verleihen, so sehr, dass ich am Ende des Buches unbedingt den zweiten Band lesen möchte, um zu erfahren, wie es Dóra und ihrer Familie und vielleicht auch Matthias weiter ergehen wird.

Yrsa Sigurðardóttir schreibt eingängig, lässt immer mal wieder Humor aufblitzen und versteht es, den Leser bei der Stange zu halten. Auch komplexe Sachverhalte werden verständlich dargestellt. Störend empfand ich jedoch, dass die Personen in den Dialogen ständig “konterten”, was sprachlich überhaupt nicht passte. Meiner Meinung nach wäre ein einfaches “entgegneten” passender gewesen, was aber vermutlich an der Übersetzung liegen wird.

Der Kriminalfall ist sehr gut konstruiert, wird meines Erachtens schlüssig aufgelöst und bietet immer wieder neue Wendungen. Man erfährt viel über die Hexenverbrennungen auf Island, die zu denen im restlichen Europa eine Besonderheit aufweisen, und die wenigen Zeitdokumente, die es dazu gibt. Die Schauplätze sind authentisch und laden ein, selbst einmal nach Hólmavík ins Hexen- und Magiemuseum oder zu den Höhlen von Hella zu reisen, in denen die irische Einsiedlermönche Islands gelebt haben sollen.

Zum Ende hin konnte ich das Buch kaum aus der Hand legen und wurde vielfach für den schleppenden Anfang entschädigt. Ich denke, die Reihe wird weitergelesen.

© Tintenhain

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Die Dóra-Guðmundsdóttir-Reihe
1. Das letzte Ritual (Rezension)
2. Das gefrorene Licht (Rezension)
3. Das glühende Grab (Rezension)
4. Die eisblaue Spur
5. Feuernacht
6. Todesschiff

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Yrsa Sigurðardóttir: Das letzte Ritual (1)

sechsbändige Reihe
neu aufgelegt bei Random House (vorher Fischer 2005)
Taschenbuch: 384 Seiten
Verlag: btb Verlag (12. September 2016)
Originaltitel: Þriðja táknið
Übersetzung aus dem Isländischen: Tina Flecken
ISBN-10:
3442714400
ISBN-13: 978-3442714407
Preis: € 9,99 [D]
Rezensionsexemplar

Cover (c) btb Random House

11 Kommentare

  1. Mir hat das letzte Ritual auch sehr gut gefallen und ich werde noch weitere Bücher aus dieser Reihe lesen. Die richtige Reihenfolge habe ich mir gleich notiert.

    Vielen Dank fürs verlinken.

    Liebe Grüße
    Kristina

  2. Hallo Mona,

    das Buch habe ich mir auch nachhause geholt, ich bin nach wie vor im Yrsa-Fieber und werde die Reihe wohl bald beginnen.

    Das Hauptthema der Hexenverbrennungen klingt auf jeden Fall interessant.

    Liebe Grüße,
    Nicole

  3. Zack… und auf dem Wunschzettel gelandet. Danke fürs Rezensieren! Du glaubst gar nicht, wie ich mich freue, endlich auch mal spannende Bücher lesen zu können, die nicht so abartig brutal/blutig sind, dass ich sie sofort wieder aus der Hand legen muss. Und Yrsa hat das wirklich drauf – zumindest bei den beiden Bücher, die ich bisher von ihr gelesen habe.

    Lieben Gruß
    Anna

  4. Ich habe noch keines ihrer Bücher gelesen, aber schon einige der Klappentexte haben mich neugierig gemacht. Danke für deine reflektierte Einschätzung des Leseerlebnisses!
    Viele Grüße
    Erin

    1. Ich lese sie im Moment sehr gern. Sie versteht es, spannende Plots geschickt zu konstruieren und die Charaktere sind gerade im Hinblick auf ihre Beziehungen immer toll gelungen. Auch wenn es bei diesem Buch hier etwas dauert. Ich glaube aber, es war ihr Debüt und ich habe mir sagen lassen, dass sich die Reihe um Dorá steigert.

  5. Da sieht man mal, dass man bei manchen Büchern eben doch einen längeren Atem haben muss. Unsere Onleihe hat diesen ersten Band. Dass er erst Mitte 2017 wieder ausleihbar ist, spricht eigentlich dafür, dass die Leser die Autorin schätzen.
    Danke fürs Auflisten der Reihenfolge. Das ist immer sehr hilfreich.
    Liebe Grüße und einen schönen Feiertag (hier verregnet),
    Ingrid

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