S.K. Tremayne: Die Stimme [Rezension]

»Ich weiß, was du getan hast.« Jo ist schockiert, als die digitale Home Assistentin Electra sie ohne Aufforderung anspricht. Unmöglich kann eine harmlose Software vom Furchtbarsten wissen, das Jo jemals passiert ist! Doch Electra weiß nicht nur Dinge – sie tut auch Dinge, zu denen sie nicht in der Lage sein sollte: Freunde und Eltern erhalten Textnachrichten mit wüsten Beschimpfungen, Jos Bankkonto wird leergeräumt, die Kreditkarte überzogen… Zum ersten Mal seit Jahren muss Jo wieder an ihren Vater denken, der unter heftigen schizophrenen Schüben litt und sich schließlich das Leben nahm. Kann es sein, dass sie sich die Stimme nur eingebildet hat? Doch Electra ist noch lange nicht fertig mit Jo… (Inhaltsangabe © Droemer Knaur)
Bei Jo läuft es in letzter Zeit finanziell nicht so gut und so ist sie froh, dass sie in der hypermodernen Wohnung ihrer Freundin Tabitha Unterschlupf findet. Hier wird alles von Home Assistants gesteuert, ein Komfort, mit dem Jo sich nur schwer arrangieren kann. Andererseits fühlt sie sich wenigstens nicht allein, wenn sie sich mit Electra und Co unterhalten kann. Bis Electra sich zu verselbständigen scheint und Jo mit der Vergangenheit konfrontiert. Woher weiß der Assistant von dem Vorfall beim Musikfestival vor vielen Jahren? Jos Leben gerät völlig außer Kontrolle, als Electra zunehmend alle Bereiche ihres Lebens übernimmt und alle Freunde sich von Jo abwenden. Immer mehr zweifelt die junge Frau an ihrem Verstand, schließlich hatte auch ihr an Schizophrenie erkrankter Vater eine Stimme aus dem Fernseher gehört, bis er sich aus Verzweiflung das Leben nahm.
Die Gefahren von Smart Homes sind gerade zunehmend ein beliebtes Thema bei Thriller-Autor:innen. Tatsächlich sollte man sich bewusst machen, wie viel Steuerung und Kontrolle man von außen in sein Leben lassen möchte. Das beginnt bereits beim Staubsaugerroboter, der die Wohnung vermisst und die Daten “nach Hause” sendet und damit ist nicht dein zu Hause gemeint. Von Alexa, Siri und Co., die permanent “lauschen”, wollen wir mal gar nicht reden.
Der neue Psychothriller von S.K. Tremayne hat mich von der ersten Seite an fesseln können. Besonders reizvoll ist die Unsicherheit, ob es sich bei Jo um eine beginnende Schizophrenie handelt oder wirklich eine Person dahinter steckt, die Jos Leben manipuliert. Doch wer könnte sie so sehr hassen? Diese Frage tut sich immer wieder auf und ist auch sowohl der Motor für die bleibende Unsicherheit als auch für die permanente Spannung. Sobald Jo sich sicher ist, zu wissen, wer dahinter stecken könnte, zerplatzt die Blase.
Tremayne erzeugt eine beunruhigende, beklemmende Stimmung. Kurze Kapitel und ein schnörkelloser, klarer Schreibstil tragen dazu bei, dass sich “Die Stimme” schnell einem regelrechten Pageturner entwickelt. Erzählt wird dabei in erster Linie aus Jos Perspektive. Hin und wieder wendet Tremayne den Kniff eines kurzen Perspektivwechsels an, der Jos Vermutungen immer wieder kippen lässt. Schlagartig wird die Theorie auf den Kopf gestellt und Jo ist wieder an dem Punkt, an dem sie nicht weiß, ob sie Stimmen hört oder jemand versucht, sie zu manipulieren. Genau das, was ich an Psychothrillern so sehr liebe – und dabei komplett unblutig.
Ich fand das Buch großartig und es hat mir beinahe eine schlaflose Nacht beschert. Nur meiner eisernen Disziplin ist es zu verdanken, dass ich um vier Uhr morgens dann doch noch das Buch beiseite gelegt habe. Garantiert eines der spannendsten Bücher, die ich in diesem Jahr gelesen habe!
© Tintenhain
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Broschiert: 400 Seiten
Verlag: Knaur HC (1. Oktober 2020)
Originaltitel: The Assistant
Übersetzung aus dem Englischen: Susanne Wallbaum
ISBN-10: 342622738X
ISBN-13: 978-3426227381
Preis: € 16,99 [D]
Rezensionsexemplar

Hallo liebe Mona,
nun ich würde mir ohnehin keine “Alexa” ins Haus holen.
Sorry über mich bestimmen möchte ich so nicht lassen…….
Gerne gemerkt …LG..Karin.
Hallo liebe Mona,
bei mir liegt es noch auf dem Nachttisch. Es kamen mir zwei Leserunden dazwischen, finde es bisher aber auch super spannend!
Liebe Grüsse Vera
Wird das nächste Buch sein, dass ich lese und nicht das erste von Tremaine. Danke für den Tipp. Ach ja, auch mir kommt keine Alexa ins Haus. Gut, dass das Problem mal thematisiert wurde.
hört sich sehr interessant an
Liebe Mona,
jetzt hast du mich total angefixt damit. 🙂 Werde mir das Buch auch besorgen.
Habe das Buch, soeben bestellt.
Ich wünsche dir viel Spaß beim Lesen!
hey, jetzt bin ich durch. Es ist sehr spannend und atmosphärisch dicht – allerdings hat mich das Ende enttäuscht. Ich kann ja hier nicht ins Detail gehen, aber ich war doch verblüfft über diese arge Konstruktion der Geschichte und die Auflösung – das erscheint mir sehr weit hergeholt und wirkt auch unlogisch… ich würde gern mehr schreiben, aber ich will hier ja niemandem die Lesefreude nehmen…
Ja, es war schon verblüffend, aber immerhin nicht vorhersehbar. Erklärt aber auch, warum sie so heiß auf den Job war.
meinst du jetzt Ruth Ware oder Tremaine?
Das Schottland-Buch ist einfach wow – ich frage mich nur, was aus ihr geworden ist….
Ach Mist, da hab ich mich jetzt im Buch geirrt. 🤣 Ich antworte immer auf der Kommentarseite und nicht unter dem Beitrag. Tremaine okay, das Ende. Ich fand es eigentlich ziemlich cool, weil mal nicht so vorhersehbar. Vielleicht mal davon abgesehen davon, dass die Rache reichlich spät kam. Aber eigentlich auch wieder verrückt-genial.
🙂 mir gefiel es nicht, fand es unlogisch. Gelesen hat es sich aber gut. und Ruth Ware – das war mein erstes. Und mit Sicherheit nicht das letzte.