Sarah Jäger: Nach vorn, nach Süden [Rezension]
Auf dem Hinterhof des Penny-Marktes bekommt man seinen Namen, ob man will oder nicht. Wenn man Glück hat, wird man mit einem «unser» geadelt, so wie unser Pavel. Oder man hat Pech. So wie Entenarsch. Sie hat ihren Namen von Jo, der seit Monaten verschwunden ist. Die Suche nach ihm entwickelt sich zu einem wilden Sommertrip durch brüllend heiße Julitage. Ohne Plan, ohne Klimaanlage, immer weiter nach Süden. (Inhaltsangabe © Rowohlt Verlag)
Wer will schon Entenarsch genannt werden? Die Protagonistin aus “Nach vorn, nach Süden” jedenfalls nicht. Aber im Hinterhof des Penny-Marktes, wo ihre Clique zu Hause ist, sucht man sich seinen Namen nun mal nicht aus. Man bekommt ihn und man behält ihn, auch wenn am Ende keiner mehr weiß, warum. Aber sie hat sich gemerkt, von wem. Es war Jo, der nun verschwunden ist. Abgehauen, einfach so. Nur eine Karte von hier und da. Und Marie, die vermisst ihn. Also will Marie ihn suchen, seine Postkarten weisen den Weg nach Süden. Und weil außer dem Entenarsch niemand einen Führerschein, geschweige denn ein Auto, hat, muss sie mit. Ausgerechnet Jo finden, den sie eigentlich gar nicht mehr sehen will. Aber die nette Marie leidet und außerdem wird auch Can dabei sein.
“Nach vor nach Süden” ist das Debüt von Sarah Jäger und ein schneller und humorvoller Roadmovie mit Tiefgang. Es geht darum dazuzugehören. Manchmal ist es so einfach, dass man einfach nur den gleichen Job haben muss und manchmal so unendlich schwer, weil alle nur den Entenarsch sehen. Dabei ist die Protagonistin so viel mehr. Verletzlich, klug, vom Ehrgeiz und Sicherheitsdenken der Eltern verunsichert und ein bisschen in Can verliebt.
Mir hat es sehr gefallen, mit welcher Leichtigkeit die Figuren vorgestellt wurden. Sie hatte alle sofort ein Gesicht und damit meine ich weniger das Aussehen als eine genaue Vorstellung davon, wie und wer sie sind. Das hat zugegebenermaßen sicher auch in gewisser Weise mit Schubladendenken zu tun. Immerhin habe ich oft an meine früheren Teilnehmer*innen aus Berufsvorbereitenden Maßnahmen denken müssen und das war irgendwie total schön.
Die Jugendlichen vom Hinterhof haben ganz unterschiedliche Gründe für ihre Jobs bei Penny und man merkt, dass sie einander eigentlich nicht besonders gut kennen. Trotzdem gibt es einen Zusammenhalt und eine Einfühlsamkeit, die überraschen. Überraschend ist dann auch, warum die Entenarsch genannte Protagonistin eigentlich selbst so daran interessiert ist, Jo zu finden.
Eigentlich bin ich überhaupt kein Fan von Coming-of-Age-Romanen, die als Roadtrip daherkommen. Das hat irgendwie immer sowas von einer Queste, nur mit Autos und ohne heldenhafte Abenteuer. Trotzdem hat mir “Nach vorn, nach Süden” gut gefallen, vor allem aufgrund der leichten, temporeichen Sprache. Die schnellen, pointierten Dialoge haben mich oft schmunzeln lassen und oft war ich von deren zeitweiligen Poesie angerührt. Ich könnte mir den Roman von Sarah Jäger auch gut als Film vorstellen.
Die Suche nach Jo läuft über Sackgassen und Umwege mal in die richtige, mal in die falsche Richtung. Am Ende will man nur noch wissen, ob sie Jo jemals finden werden – und wie Entenarsch eigentlich richtig heißt.
© Tintenhain
Leseprobe
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Gebundene Ausgabe: 224 Seiten
Verlag: Rowohlt Taschenbuch (10. März 2020)
ISBN-10: 3499002396
ISBN-13: 978-3499002397
Altersempfehlung: ab 14 Jahren
Preis: € 18,00 [D]
Kauf
Wandert auf die Leseliste😊
Ich glaube, das ist eine gute Entscheidung. 😉
Hach, das hört sich richtig toll an! Ich mag das Cover total gerne und was du schreibst, lässt mich das Buch gleich im Anschluss auf meine Wunschliste setzen. Danke für’s Vorstellen! 🙂
So unterschiedlich kann das sein. Ich mochte das Cover eigentlich nicht besonders und hätte mir das Buch vermutlich gar nicht genauer angeguckt. Es war aber ein Tipp von Kathrin Schrocke, deren Buch “Immer kommt mir das Leben dazwischen” mir total gefallen hatte. Die Buchhändlerin meinte dann auch noch, dass es toll sei und dann war mir das Cover egal. 😂
Liebe Grüße
Mona