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Rena Fischer: Chosen – Die Bestimmte (1) [Rezension]

Cover Rena Fischer Chosen Die Bestimmte
Cover © Thienemann-Esslinger

Es ist ein Schock für Emma als ihre Mutter bei einem Unfall stirbt und bei der Beerdigung ausgerechnet ihr Vater auftaucht, den sie noch nie gesehen hat. Hals über Kopf folgt sie ihm eher unfreiwillig nach Irland, wo sie auf eine Eliteschule gehen soll. Hier soll sie lernen, mit ihrer besonderen Gabe umzugehen, von der die Mutter sie gelehrt hat, sie verbergen zu müssen. Emma fühlt sich inmitten anderer Begabter und als besonderer Schützling des Direktors des “Sensus Corvi”-Internats und Anführer der Raben, Fionbarr Farran, wohl und lernt ihre Gabe zu beherrschen und einzusetzen. Doch recht schnell gerät sie zwischen die Fronten zwischen den mächtigen Raben und der verfeindeten Organisation der Horusfalken. Selbst bei Aidan, bei dessen Anblick ihr Herz schneller klopft, ist sie sich nicht immer sicher, ob sie ihm vertrauen kann.

“Chosen – Die Bestimmte” ist der erste Teil einer Dilogie und das Debüt der Autorin Rena Fischer. Ich war schon sehr gespannt auf den Roman, und das wunderschöne Cover hat mich von Anfang an verzaubert.
Der Einstieg in den Roman fiel mir jedoch nicht leicht. Zu sprunghaft galoppierte mir die Handlung davon, so dass ich die ersten 150 Seiten zweimal lesen musste, da ich irgendwann den Eindruck hatte, beim Lesen nicht aufgepasst zu haben. Gerade noch wundert sich Emma über eine missglückte Verabredung, da stirbt ihre Mutter. Es folgt sofort die Beerdigung und der bisher unbekannte Vater taucht auf.

Schwupps, schon ist Emma in Irland und weiß nicht, wie ihr geschieht, als sie gleich zum erklärten Liebling des Schulleiters aufsteigt. Die Trauer um die Mutter taucht nur am Rande auf, ungewöhnlich für eine Ich-Erzählerin, die eigentlich nur die Mutter als Bezugsperson hatte. Vielmehr sprechen der Vater und sein Patensohn Aidan über Emmas Trauer und rücken sie so erst ins Bewusstsein. Emmas neues Leben fordert sie rund um die Uhr. Bisher musste sie ihre Gabe, die Gefühle anderer Menschen zu ertasten, für sich behalten, an der neuen Schule jedoch steigt sie damit sofort zum Star und Günstling des Schulleiters auf.

Neid und Missgunst schlagen ihr genauso entgegen wie Bewunderung. Emma macht sich jedoch nicht viel daraus, vielmehr erfreut sie sich an ihrem neuen Sonderstatus und vergisst ihr altes Leben. Den Vater nennt sie schnell Dad und schon bald möchte sie seinen Namen annehmen. Und dann ist da noch Aidan, der sie anfangs ziemlich blöd behandelt, aber da ihr bei einer Berührung immer die Haut entflammt und ein flaschengrün strahlender Blick aus den silbern gesprenkelten Wasserelbenaugen ihr Innenleben erschüttern lässt, macht ihr das nichts weiter aus und am Ende soll sie ja auch recht behalten.

Mal abgesehen von der etwas kitschig beschriebenen Liebesgeschichte mit Dreiecksbeziehung war es vor allem das unglaubliche, verwirrende Tempo, das mich öfter auf der Strecke zurück ließ. Einerseits trieb das zwar die Handlung voran, die auch wirklich an keiner Stelle langweilig wird, andererseits hatte ich ständig das Gefühl, etwas verpasst zu haben. Ist auch nicht ganz einfach, wenn sich Leute mit der Begabung, in jemandes Kopf zu sprechen, unterhalten. Das kriege ich natürlich nicht mit und wundere mich dann, woher die das jetzt wussten. So bin ich denn auch ständig aus allen Wolken gefallen, wenn sich wieder einmal eine unerwartete Wendung abzeichnete. Unerwartete Wendungen gibt es viele und vor allem die Unsicherheit, dass man nie weiß, wem man jetzt vertrauen kann, macht einen besonderen Reiz des Buches aus. Klar ahnt man schnell, wer hier der Bösewicht ist, aber wer steht wirklich auf seiner Seite?!

Rena Fischer schreibt unterhaltsam in einem flotten Stil. Mit Rückblenden in das Leben und die Gedanken von Emmas Mutter lockert sie den Text immer wieder auf und hilft dabei, das Gesamtbild besser zu verstehen. Emma ist als Charakter eher ambivalent – mal stark, widerspenstig und unglaublich von sich selbst überzeugt, dann wieder allein von Gefühlen getrieben und herumgeschubst. Irritiert hat mich, dass Emma so gar nichts von ihrem früheren Leben erzählt. Sie wirkt wie ein weißes Blatt. Die anderen Charaktere bleiben undurchsichtig und bis auf die Hauptfiguren auch auffallend blass. Emmas neue Freundin Faye zum Beispiel taucht ganz am Anfang und dann wieder am Ende auf, da hatte ich sie schon vergessen. Vor allem auch die Falken blieben für mich ein Gemisch aus Namen. Erschwerend kam hinzu, dass manche Figuren mal mit Vor- und mal mit Nachnamen angesprochen wurden. Hier ist Konzentration gefragt.

Insgesamt ist “Chosen – Die Bestimmte” ein kurzweiliger Jugendfantasyroman mit einer leidenschaftlichen Liebesgeschichte und einer guten Story, der zwar zu fesseln vermag, mich aber leider nicht immer mitgenommen hat. Der völlig überraschende Cliffhanger zum Ende macht auf jeden Fall neugierig auf die Fortsetzung. Mit einer solchen Wendung hätte ich niemals gerechnet.

© Tintenhain


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Rena Fischer: Chosen – Die Bestimmte (1)

Dilogie, Band 1
Gebundene Ausgabe: 464 Seiten
Verlag: Thienemann-Esslinger Verlag (17. Januar 2017)
ISBN-10: 3522505107
ISBN-13: 978-3522505109
Altersempfehlung: ab 13 Jahren
Preis: € 16,99 [D]
Rezensionsexemplar
Cover Rena Fischer Chosen Die Bestimmte
Cover © Thienemann-Esslinger

9 Kommentare

  1. Danke für deine Rezension. Hab das Buch jetzt schon mehrfach in den Warenkorb gefügt und wieder rausgenommen. Aber deine Rezi hat mir nun wirklich die Entscheidung abgenommen: Ich werde es nicht kaufen. 🙂 LG

  2. Danke dir wiederum für die Verlinkungen 😊 Das Tempo hatte mich persönlich nicht gestört, aber mit den Charakteren hast du recht. Vor allem bei Emma hätte ich mir mehr Profil gewünscht. Sicherlich wird Band 2 einige Antworten liefern. Bei dem Cliffhanger muss man ja quasi weiterlesen 😅
    Liebe Grüße,
    Anna

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