Tintenhain – Der Buchblog

Auf Krabats Spuren – eine literarische Reise nach Schwarzkollm

img_20161013_183854.jpg“Komm nach Schwarzkollm, in die Mühle, es wird nicht zu deinem Schaden sein!”*

Diesen Ruf hört Krabat, ein wendischer Bettlerjunge, in seinem Traum zur Neujahrsnacht. Daraufhin macht er sich auf den Weg zur Schwarzen Mühle im Koselbruch bei Schwarzkollm, einem kleinen Dorf in der Lausitz.

Ganz ähnlich erging es mir und meiner zwölfjährigen Tochter, auch wir hörten eines Tages den Ruf. Sie las vor einiger Zeit “Krabat” von Otfried Preußler im Unterricht und es gefiel ihr soweit ganz gut. Eines Tages kam sie zu mir und erzählte mir, dass die Namen so ungewöhnlich seien, wohl weil sie aus dem Wendischen stammten. Wendisch? Damit konnte ich im ersten Moment nichts anfangen und ich staunte nicht schlecht, als sich die Sprache als Obersorbisch herausstellte. Sorbisch kannte ich natürlich, aber mir war wiederum nicht klar, dass das Gebiet der Sorben so weit in den Süden reicht. 2016-10-16-14.52.02.jpg.jpegBei unseren Recherchen im Internet stießen wir dann auf Schwarzkollm und meine Tochter war ganz begeistert davon, dass es dieses Dorf und auch die anderen in dem Buch genannten Orte tatsächlich gibt. Noch erstaunter waren wir, als wir dann vom “historischen” Krabat, dem Obristen Johann von Schadowitz, erfuhren. Die Geschichte wurde immer spannender und bald stand fest: Da müssen wir hin!

Auf dem Weg nach Schwarzkollm

Nun endlich war es soweit und wir folgten dem Ruf des Schwarzen Müllers nach Schwarzkollm. Zur Einstimmung hörten wir ein atmosphärisches Hörspiel, das uns noch einmal die Geschichte, wie Otfried Preußler sie erzählt, ins Gedächtnis rief. Auch die Bilder des Films, den wir vor einiger Zeit gesehen hatten – den meine Tochter aber bei weitem nicht so gut findet wie das Buch – wurden wieder lebendig.

“Schwarzkollm war ein Dorf wie die anderen Heidedörfer: Häuser und Scheunen in langer Zeile zu beiden Seiten der Straße…”*

Rabe von Schwarzkollm KrabatKaum waren wir in dem langgestreckten Straßendorf angekommen, wollten wir als erstes in den Koselbruch zur Schwarzen Mühle. Die Landschaft war in herbstliche Farben getaucht, der Himmel trüb und am Wegesrand beobachteten uns schwarze Raben. Überall saßen sie auf großen Findlingen und hielten Ausschau nach Wanderern, die sich der Schwarzen Mühle nähern. An Teufelsstein und Fliegenpilzen vorbei erstreckte sich bald vor uns ein großes Anwesen: die Krabat-Mühle.

Die Krabat-Mühle

Krabat MühleMit der Krabat-Mühle und anderen Attraktionen belebt die Region die Sage neu und bietet den Besuchern Wissenswertes, Sagenhaftes und Historisches. Seit 2005 präsentiert der Verein Krabatmühle-Schwarzkollm e.V. den Erlebnishof, auf dem seitdem immer neue Gebäude entstehen. Bemerkenswert ist, dass viele Wandergesellen aber auch ansässige Handwerker ehrenamtlich unterstützen und dazu beitragen, den Mühlenhof aufzubauen und zu gestalten. Ein Erlebnispfad, der die wohl bekannteste Krabat-Sage von Otfried Preußler erzählt, ist gerade im Entstehen, aber auch auf den Roman “Die schwarze Mühle” des sorbischen Schriftstellers Jurij Brēzan wird aufmerksam gemacht. Da der Krabat-Legende viele unterschiedliche Sagen zugrunde liegen, lohnt es sich auf jeden Fall die Augen offen zu halten.

Krabat Mühle SchwarzkollmIn der Mühle und den Nebengebäuden gibt es viel zu entdecken. Auch Requisiten des Films von 2008 sind zu finden. Schöne Schnitzereien und Handwerkskunst, alte Öfen und natürlich alles rund um die Müllerei. Der Legende wird mit einem großen Drudenfuß im Boden und einer kleinen Studierkammer mit dem eindrucksvollen, angeketteten Koraktor (Zauberbuch) Rechnung getragen.

20161015_100516.jpgDie Krabat-Mühle ist ein sehr gelungener Museumshof mit sehr viel Atmosphäre und Liebe zum Detail. Es finden hier auch Veranstaltungen, wie zum Beispiel die Krabat-Festspiele oder ein Herbstfest statt. Auch private Feiern sind möglich. Die unzähligen Tische und Bänke in und vor den Gebäuden zeugen von einem hohen Besucheraufkommen und haben uns, obwohl wir bei nasskaltem Herbstwetter nur vereinzelt auf andere Besucher trafen, ein bisschen etwas von der Romantik genommen.

Keinesfalls entgehen lassen sollte man sich einen Besuch in der “Bauernstube”. Hier müsst ihr unbedingt die Buttermilchplinsen probieren. Unsere waren mit Apfelmus und wir haben die großzügige Portion kaum geschafft. Wer außer Otfried Preußlers “Krabat” noch nie etwas anderes über die Sagengestalt gelesen hat, kann hier auch mal in “Die schwarze Mühle” von Jurij Brězan oder in “Meister Krabat der gute sorbische Zauberer” von Martin Nowak-Neumann hineinschauen. Auch ein Buch über “Sagen der Lausitz” oder die eher literaturwissenschaftliche Abhandlung “Erzählen über Krabat. Märchen, Mythos und Magie” von Susanne Hose, die sehr interessant ist und die verschiedenen Formen der Legende beleuchtet, gibt es hier zu kaufen.

Krabat Mühle SchwarzkollmRund um Schwarzkollm

Übernachtet haben wir in der Pension Winzer in Schwarzkollm, die sehr gepflegt und modern ist. Hier trafen wir auf ein Paar, das gerade den ca. 90km langen Krabat-Radwanderweg erkundete. Zwischen Bautzen, Kamenz und Hoyerswerda kann man sich hier auf Krabats Spuren begeben und zum Beispiel das Grab von Johann von Schadowitz in Wittichenau besuchen. Die Pension können wir auf jeden Fall empfehlen und vielleicht findet ihr auch heraus, was der Brand bei den Winzers wohl mit dem Teufelsstein, der am Weg zur Mühle steht, zu tun hat.

Dass eine Schullektüre uns einen solchen tollen Kurzurlaub bescheren würde, hätte ich nie gedacht und ich bin schon sehr gespannt, was in diesem Schuljahr gelesen wird. Zum Lesen und Weiterlesen stelle ich noch eine kurze Litetraturliste zusammen – falls ihr euch auch auf Krabats Spuren machen wollt und noch ein paar Infos braucht.

© Tintenhain

*Zitate aus Otfried Preußler: Krabat, Thienemann-Esslinger Verlag, S. 12f.

Internetlinks

KRABAT-Dorf Schwarzkollm
Krabat-Region
Meister Krabat – die wahre Geschichte
Schwarzkollm – Internetseite der Gemeinde
Pension Winzer

Literatur

◊ Jurij Brězan: Die Schwarze Mühle (Čorny młyn), Domowina Verlag
◊ Susanne Hose: Erzählen über Krabat. Märchen, Mythos und Magie, Lusatia Verlag
◊ Martin Nowak-Neumann: Meister Krabat, der gute sorbische Zauberer (Mišter Krabat, dušny serbski kuzłar), Domowina Verlag
◊ Martin Nowak-Neumann: Sagen der Lausitz, Domowina Verlag
◊ Otfried Preußler: Krabat, Thienemann-Esslinger Verlag
◊ Otfried Preußler: Krabat (Hörspiel), dtv Verlag

34 Kommentare

  1. Finde ich toll, dass du das mit deiner Tochter gemacht und somit die Lektüre vertieft hast! Sollte eigentlich Pflicht in der Schule werden: Schullektüre plus passende Schauplätze besuchen. Jeder würde den Unterricht lieben! 🙂

    1. Ich finde das auch wichtig. So hat man auch eher den Eindruck, dass das, was man lernt nicht für die Tests ist. Und erst im Bezug zur Realität wird manches klarer und lässt sich natürlich auch besser merken. Wir werden so etwas auf jeden Fall weiter machen. 🙂

  2. Toller Beitrag – Krabat hab ich allerdings noch nicht gelesen. Wenn ich aber die tollen Bilder seh, schau ich mir das zuerst an und lese dann das Buch – das wird die Szenerie beim Lesen so richtig beleben.

    Liebe Grüße und Danke für den tollen Tipp!
    Linda

  3. Aaaaaaaah! Ich habe 13 Jahre in Sachsen gewohnt, hatte aber Krabat erst gelesen, als ich schon in Hessen lebte… und so diese tollen Orte verpasst :'(
    Klingt nach einem wundervollen Kurzurlaub, liebe TIntenelfe!
    Danke für den Bericht und die Bilder.

    1. Die Krabat-Mühle gibt es auch noch nicht so lange. Man hat das touristische Potential erst vor einigen Jahren erkannt. Glücklicherweise! Es war wirklich sehr schön und atmosphärisch.

  4. Hi
    das ist ja mal cool! Ich wusste gar nicht das es das zu diesem Buch dazu gibt. Das macht es doch wieder mal lebendiger 🙂
    Ich wünsche dir das dir das ganz lange im Herzen bleibt.
    Liebe Grüße Nicole

  5. Hallöchen 🙂
    Dein Beitrag ist wirklich interessant und danke für deinen Einblick 🙂 Hätte ich als Kind dieses Buch gelesen und würde in der Nähe des Ortes wohnen, hätte ich sicher auch gerne einen Ausflug dahin gemacht 🙂 Ist doch immer toll, wenn man Kulissen aus Büchern besuchen kann 😀

    1. In der Nähe wohnen wir leider auch nicht. Aber in den Ferien kann man auch mal vier Stunden Fahrt investieren. Für mich war es auch ein richtig schöner Kurzurlaub mit meiner Großen. 🙂

  6. Genau so wird Literatur lebendig und das Buch mit seinen Inhalten deiner Tochter immer im Gedächtnis bleiben. Schade, dass derartige Erlebnisse in Schulen kaum statt finden. Aber vielleicht verändert sich in den nächsten Jahrzehnten hier auch noch was.
    Liebe Grüße, Anna

    1. Es kommt dann sicher auch ein bisschen darauf an, wo man wohnt. Wir hatten immerhin vier Stunden Fahrzeit. Aber allgemein finde ich auch, dass mehr Unterricht außerhalb von Schule stattfinden sollte.

      Liebe Grüße
      Mona

  7. Wie toll finde ich das denn. Krabat habe ich mit mit Anfang 40 noch gelesen und mich gefürchtet, aber das diese Orte und die Mühle in real existieren wusste ich nicht . Umso toller finde ich es das du eine Tour mit deiner Tochter gemacht hast. Das kann ihr keiner mehr nehmen und dir auch nicht. Sohnemann hatte vor kurzem “Im Westen nichts neues” durchgenommen und danach eine Tagestour nach Verdun gemacht. Sowas nenne ich effektives lernen und fand es ganz klasse als diese recht spontane Idee umgesetzt wurde.
    Liebe Grüße und eine schöne Leszeit für dich
    Kasin
    #litnetzwerk

    1. Ach je, ich hatte heute morgen eine so lange Antwort geschrieben. Frag mich, wo sie abgeblieben ist.
      Man müsste viel mehr Zeit investieren, Themen aus dem Unterricht mit nach draußen ins Erleben mizunehmen. Das kann auch einfach ein Museumsbesuch sein oder ein Waldspaziergang. So merken die Kids auch, dass das nicht nur einfach so ist, was die Lehrer da erzählen. Es vertieft und verkettet sich mit dem eigenen Erleben und bleibt so viel besser haften. Für Geschichte habe ich mich erst nach der Schule interessiert. Aus dem Unterricht ist außer dem Gefühl, immer nur Schaubilder erstellt zu haben, nicht viel geblieben. Dabei kann man gerade Geschichte so lebendig machen. Ich habe auf jeden Fall vor, noch mehr kleine Reisen zu unternehmen und das Interesse der Kinder wach zu halten. Immerhin war es ja die Idee meiner Tochter da mal hin zu fahren.

      Liebe Grüße
      Mona

  8. So ein toller Bericht, ich hab richtig Lust sofort loszufahren 🙂
    Mir gefiel damals schon der Film sehr gut und mittlerweile glaub ich, ich sollte das Buch wirklich noch lesen.
    Danke für diesen erstklassigen Ausflugstipp und das Lust machen, auch das Buch zu lesen.
    Liebe Grüße
    Ela

    1. Ich habe ja auch erst den Film gesehen und fand ihn toll. Aber das Buch ist wirklich noch besser. Für dich als Hörbuchfan kann ich auch unbedingt das Hörspiel (siehe unten) empfehlen!

  9. Das ist ja eine wunderbare Sache: Lesen, Recherche, reale Umgebung, alles greift ineinander und bildet ein schönes Ganzes. Ich kann mir vorstellen, wie viel Spaß das gemacht hat.
    LG, Ingrid

    1. Ja, das hat so viel Spaß gemacht und ich freue mich schon auf das nächste Thema. Vielleicht dann auch mit der zweiten Tochter. Es muss ja nicht unbedingt ein Buch sein, wobei das natürlich besonders reizvoll ist. 😀

  10. Wow, dieser wunderbare Beitrag bestärkt mich in meinem Vorhaben, mich in meiner Bachelorarbeit im kommenden Jahr mit der Krabat-Sage auseinanderzusetzen! Und Literaturtipps habe ich jetzt auch schon! <3

    PS: Wenn du auf handgemachte, rockig/folkige, und auch düstere Musik stehst, höre dir doch mal die Krabat-Vertonung von ASP an! https://www.amazon.de/Zaubererbruder-Krabat-Liederzyklus-ASP/dp/B00QNF5R6S/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1476899369&sr=8-1&keywords=asp+krabat

    Liebe Grüße
    Lily

    1. Hallo liebe Lily,

      auf die Band bin ich auch schon gestoßen und ich wurde auch bereits mehrmals darauf aufmerksam gemacht. Vielleicht sollte ich es mir wirklich mal anhören.
      Krabat als Examensthema klingt toll! Wenn Du Dich mit dem Verein in Verbindung setzt, wirst Du sicher noch viele tolle Tipps bekommen!
      Ich würde die Bachelorarbeit auf jeden Fall gern lesen.

      Liebe Grüße
      Mona

  11. Liebe Mona,
    Auch meine Tochter hat das Buch in der 7. Klasse gelesen.
    Schade, dass der historische Bezug nicht mit unterrichtet wurde. Dadurch bekommt das Buch doch noch mehr Sinn, oder?
    Leider ist mir das von Köln aus zu weit…
    Schöner Bericht und eine tolle Idee!
    Grüße
    Silvia

  12. Guten Morgen,
    wie cool ist das denn? Das wusste ich gar nicht, dass man das alles besichtigen kann. Wieder ein neues Ziel auf meiner Reisewunschlisste, dank euch. Danke für den ausführlichen und wunderbar informativen Beitrag!
    LG und hab ein schönes Wochenende
    Yvonne

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