Anja Ukpai: Rabenherz [Rezension]
Als June ein Stipendium für die St. Gilberts High School erhält, geht ihr sehnlichster Wunsch in Erfüllung. Nur ihre Tante ist nicht begeistert. Sie warnt vor einem uralten Fluch und sieht eine dunkle Gefahr über St. Gilberts aufsteigen. Doch June hat andere Sorgen: Sie hat sich Hals über Kopf in Jacob verliebt, was alles andere als unkompliziert ist. Außerdem taucht immer wieder ein unheimlicher Rabe in ihrer Nähe auf und verfolgt sie sogar bis in ihre Träume. Und plötzlich geschehen tatsächlich merkwürdige Dinge in dem alten Schulgemäuer. Hatte Tante Phoebe etwa recht damit, dass ausgerechnet June die Bestimmte ist, die den Fluch auf St. Gilberts aufheben wird? Und zwar im Tausch gegen ihre große Liebe … [Klappentext Rabenherz]
“Rabenherz” ist eins dieser Bücher, die schon auf den ersten Blick mit ihrem sagenhaft-mystischen Cover verzaubern. Stimmungsvoll beginnt auch die Geschichte mit einem Prolog, der beschreibt wie ein Junge und ein Mädchen durch den Mortlock Park zum renommierten Jungeninternat “Saint Gilbert” laufen. Der Junge verschwindet plötzlich spurlos, zurück bleibt nur eine Handvoll rabenschwarzer Federn.
Das in der Nähe von London angesiedelte Setting mit einem altehrwürdigen Kloster, das im Laufe der Jahrhunderte zur angesagten Privatschule für die High Society und den (nicht nur) Britischen Adel avanciert ist, verspricht düstere Spannung, alte Geheimnisse und mystische Geschichten. Der Park, der die Schule umgibt, darf nach Einbruch der Dunkelheit nicht betreten werden, denn immer wieder sind hier Jungen aus der Schule verschwunden. Ein Fluch liegt über St. Gilbert.
June, die im anliegenden Dorf mit ihrem Vater, einem Falkner, ihrer Tante Phoebe, die behauptet, wahrsagen zu können und der jüngeren Schwester Maggie über einem Buchladen wohnt, hat das Privileg, ein Stipendium für die Schule erhalten zu haben. Nur darf davon niemand in der Schule etwas wissen. Die geheimnisvolle Guild of the Wise Fellows wacht strengstens über die Einhaltung der zu befolgenden Regeln. Etwas unheimlich wird es June als sie feststellt, dass sie wohl ebenfalls die hellseherische Gabe der Tante hat. Ein Rabe geistert durch ihre Träume und bewacht des nachts ihr Fenster.
Der Einstieg in die mystisch angehauchte und sehr atmosphärische Geschichte gelingt leicht. Die Autorin beschreibt die Szenerie gekonnt und bildhaft. Dennoch war ich immer wieder verwirrt, da Widersprüche auftauchten. Warum sind der Vater und Tante Phoebe so wild darauf, dass June auf diese Schule geht, wenn doch die Tante schon vor neun Jahren prophezeit hat, dass es ein Unglück geben wird? Es gibt 114 Regeln an dieser Schule, aber eigentlich wird nicht klar, warum es sie gibt oder wer sie irgendwann aufgestellt hat. Auch wenn der Leser immer mehr Informationen vor allem durch alte Dokumente oder Einblicke in die Gedankenwelt des Rabenlords (der außer in diesen Exkursen überhaupt nicht auftaucht) bekommt, werden die Zusammenhänge nicht klarer. Es wird eigentlich immer nur Verwirrung gestiftet und geheimnisvoll getan.
Etwa in der Waage zur Rabenfluchgeschichte hält sich der Anteil mit dem Schulleben. June und ihre beste Freundin Emma hangeln sich von Unterrichtsstunde zu Unterrichtsstunde, vor allem um immer wieder auf die drei sagenhaft aussehenden, neuen Jungs an der Schule und die hübsche und kluge Oberzicke Rachel zu stoßen und sich kleine Wortgefechte zu liefern. Das hat mich zeitweise ein wenig an “Silber” von Kerstin Gier erinnert, vor allem als die umsorgende Tante Phoebe anfängt ein Dirndl für Emma zu schneidern.
Die sich anbahnende Liebesgeschichte ist mir etwas zu oberflächlich geraten, so richtig nehme ich das June nicht ab. Ich konnte mich die ganze Zeit des Gefühls nicht erwehren, hier auf eine falsche Fährte gelockt werden zu sollen. Unwillkürlich fragt man sich die ganze Zeit, wer nun eigentlich der zweite Stipendiat ist und ich bin mir sicher, dass June sich irrt. Einfach nur, weil es so offensichtlich eindeutig sein soll.
Anja Ukpai schreibt sehr flüssig und die tollen atmosphärischen Bilder erzeugen einen leichten Schauer. Natürlich ist es sehr spannend, dem Rabenfluch zu folgen und das Geheimnis zu ergründen, wenn auch die Autorin hier ein so großes Geheimnis daraus macht und Andeutungen macht, dass man eigentlich schon wieder Schwierigkeiten hat zu folgen. So ist weder die Zeitangabe n.V. (nach der Verfluchung?) noch die Existenz eines Rabenlords irgendwo noch einmal aufgegriffen. Mir hat das Buch bis auf die genannten Kritikpunkte gut gefallen und ich möchte unbedingt wissen, wie es weiter geht. Denn “Rabenherz” endet mit einem Cliffhanger, was mich sehr überrascht und auch etwas verärgert hat, da nichts im Buch darauf hin deutet, dass es sich um den ersten Teil einer Dilogie handelt. Der zweite Band heißt “Rabenkuss” und erscheint am 20. September 2016.
© Tintenhain
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Anja Ukpai: Rabenherz
Gebundene Ausgabe: 368 Seiten
Verlag: Planet!, Thienemann-Esslinger (18. April 2016)
ISBN-10: 3522504925
ISBN-13: 978-3522504928
Altersempfehlung: ab 12 Jahren
Preis: € 14,99 [D]
Rezensionsexemplar
Ich glaube, das Buch landet auch auf meiner Wunschliste….
Vielen Dank für die Verlinkung. Ich war auch mehr verwirrt als aufgeklärt und für mich fühlte es sich zu gewollt an, was mir den Spaß wirklich etwas vermieste.
Ich bin noch sehr unschlüssig, ob ich weiterlesen werde, lasse mich von deiner Rezi im September aber gerne eines Besseren belehren 🙂
Ganz liebe Grüße
Steffi
Liebe Mona,
wieder einmal hast du mich, trotz der kleinen Kritikpunkte, überzeugt!
Rabenherz landet sofort auf meiner Wunschliste 🙂
Liebe Grüße und danke für die tolle Rezension,
Ela
Ich würde es dir ja leihen, aber jetzt möchte meine Tochter es erst mal lesen. 😀 Hach, ich liebe das!
Lieb aber ich leih mir ja eh keine Bücher aus 🙂
Außerdem muss das Leseveralten des Nachwuches gefördert werden :))))
sollte natürlich “Nachwuchses” heißen 🙂