Tintenhain – Der Buchblog

Claudia Schreiber: Emmas Glück [Rezension]

Cover Claudia Schreiber Emmas Glück
Cover © Reclam Leipzig

Ein Unfall führt sie zusammen: Emma, die allein und hoch verschuldet auf ihrem Bauernhof lebt, findet eines Nachts in einem schrottreifen Ferrari das, was ihr im Leben fehlte: einen Sack voll Geld und einen Mann. Der junge, aber todkranke Städter Max wollte eigentlich nach Mexiko verschwinden, als seine rasante Fahrt an einem Baum ihr abruptes Ende fand. Und nach einer Weile gesellt sich das Glück zu den beiden, wenn auch auf recht ungewöhnliche Weise … (Klappentext © Reclam Leipzig)

Emma ist eine ungewöhnliche Bäuerin. Sie lebt allein, zurückgezogen, nur mit ihren Tieren und sie lässt sich von niemandem etwas sagen. Im Dorf wird über sie gemunkelt und der einzige, der je zu ihr gehalten hat, ist Henner, der nun Dorfpolizist ist, aber immer noch unter der Fuchtel seiner Mutter steht. Emmas Unabhängigkeit imponiert ihm.

Emma liebt ihre Tiere und sorgt gut für sie, der Garten ist in Schuss, das Schlachthaus sauber, doch ihr Haus ist eine einzige Müllkippe. So widersprüchlich diese skurrile Bäuerin ist, so gibt es doch für alles einen guten oder nein, einen schlimmen Grund. Je besser man Emma kennenlernt, desto mehr versteht man sie und ihr Leben, desto mehr schleicht sie sich dem Leser ins Herz. Erst als Max, todkrank und verzweifelt, durch einen Autounfall auf ihrem Bauernhof auftaucht, ändert sich etwas im Leben von Emma, die bis dahin noch nie in der nahegelegenen Stadt gewesen ist. Emmas Routine gerät ins Wanken und langsam kommen auch die Erinnerungen an die Kindheit zurück, die Emma zu dem Menschen gemacht hat, der sie ist. Gemeinsam entdecken sie das Leben und das Glück.

Unverblümt beschreibt Claudia Schreiber das Leben der Bauern in dem hessischen Landstrich, wo das Matriarchat gilt, wo man “wie ein russischer Eisangler tiefe Löcher ins Packeis bohren [muss], um hier auf Gastfreundschaft, Güte und Toleranz zu treffen.” (S. 20, Reclam Verlag) Wenn es um das bäuerliche Leben geht, das Schlachten von Tieren, nimmt sie kein Blatt vor den Mund und wer “Coq au vin” essen will, muss auch ertragen, wie das Huhn auf den Tisch kommt. Dabei entstehen teilweise Bilder im Kopf, die quälen, die jedoch die ungeschminkte Wahrheit widerspiegeln.

Ein wenig gewundert hat mich allerdings, dass Emma, die noch nie in der Stadt war, ihre männlichen Ferkel nach Holland verkauft. Auch scheint nie jemand zu kontrollieren, wie sie ihre Schweine schlachtet oder die Würste zubereitet. Das kam mir der Geschichte zuliebe vernachlässigt, aber auch unglaubwürdig vor. In flottem Tempo erzählt Claudia Schreiber vom Leben und Sterben, Lieben und Träumen und vom Glück. Ein wunderbar warmherziges, aber auch schonungsloses Buch, bei dem ich immer wieder laut lachen, aber auch so manches Tränchen verdrücken musste.

“Emmas Glück” ist ein Glücksgriff, den Susanne vom Buchclub machte, als sie das Buch in unserer kleinen Leihbücherei aus dem Regal zog und uns zum gemeinsamen Lesen vorschlug. Ich bin gespannt auf unsere Diskussionsrunde.
Das Buch wurde mit Jürgen Vogel und Jördis Triebel von Regisseur Sven Taddicken verfilmt.

© Tintenhain


Autorenseite


Werbung
Einzelband
Gebundene Ausgabe: 190 Seiten
Verlag: Reclam Leipzig; Auflage: 5., Aufl. (2003)
ISBN-10: 3379008052
ISBN-13: 978-3379008051
in dieser Ausgabe nicht mehr erhältlichauch erschienen als Taschenbuch im Goldmann-Verlag
Taschenbuch: 192 Seiten
Verlag: Goldmann Verlag (1. März 2005)
ISBN-10: 3442458676
ISBN-13: 978-3442458677
Preis: € 7,95 [D]
Bücherei

Cover Claudia Schreiber Emmas Glück
Cover © Reclam Leipzig

2 Kommentare

  1. Das Hört sich richtig gut an. Wieder so ein Dachbodenfund, auf den man ohne Hilfe nicht gekommen wäre. Das Buch kommt gleich mal auf die WuLi.
    Ich hoffe, euch geht es gut. Vor allem dem Purzelchen.
    Liebe Grüße
    Kathleen

  2. Hallo,
    das Buch habe ich vor vielen, vielen Jahren gelesen. Eine wirklich besondere Geschichte, die ich schon ganz oft verschenkt habe. Auch die Verfilmung kann ich euch empfehlen (ist natürlich nicht so toll, wie die literarische Vorlage, aber Jürgen und Jördis sind zwei tolle Schauspiler!).
    LG Nanni

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert