Joe R. Lansdale: Die Wälder am Fluss [Rezension]
„Die Wälder am Fluss“ ist ein unheimlich intensiver, spannender und gesellschaftskritischer Krimi. Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht von Harry, der sich als alter Mann an die Erlebnisse rund um die „Ziegenmann“-Morde in seinem Heimatort im Süden der USA Anfang der 30er Jahre erinnert.
Harry und seine jüngere Schwester Tom finden in den Wäldern am Fluss die übel zurichtete Leiche einer jungen Farbigen. Als Sohn des Constables bekommt er einiges rund um die Ermittlungen mit und erfährt dabei, wie sich Rassenhass und Segregation auf Justiz und Gerechtigkeit auswirken. Der „Ziegenmann“, von dessen Existenz Harry überzeugt ist, begeht unterdessen weitere Morde und es muss ein Schuldiger gefunden werden. Die Ereignisse überschlagen sich und ziehen Harry und seine Familie in einen Strudel von Hass und Gewalt, dem nur mit Liebe und dem Festhalten eigener Überzeugungen zu entkommen ist.
Dies ist der erste Roman von Joe R. Lansdale, den ich gelesen habe und er hat mich vollkommen überzeugen können. „Die Wälder am Fluss“ ist ein ganz anderer Kriminalroman als ich sie bisher kannte. Es stehen weniger polizeiliche Ermittlungen im Vordergrund als die Auswirkungen eines Mordfalls auf einen Ort und die Familie des zuständigen Constables. Lansdale erzählt fesselnd, in bilderreicher Sprache, dabei aber nie unnötig brutal oder eklig, auch wenn manche Szenen dazu einladen könnten. Die Sicht des Jungen ist glaubhaft dargestellt und kleine Ausflüge in die Gegenwart verdeutlichen die zeitliche Distanz.
Noch immer habe ich die Bilder vom undurchdringlichen Wald, dem Fluss mit seinem Fischbestand, den Läden im Ort vor Augen. Ich rieche den Friseurladen des Vaters und die warmen Biscuits aus dem Ofen. Mit „Die Wälder am Fluss“ ist Lansdale ist ein spannender Krimi und ein überzeugendes Porträt der amerikanischen Gesellschaft zu Anfang des 20 Jahrhunderts in Einem gelungen.
Joe R. Lansdale ist für mich auf jeden Fall eine Entdeckung und ich hoffe, dass seine Romane in Zukunft auch bei uns mehr Beachtung finden.
„Die Wälder am Fluss“ im Lesekreis
Das Buch wurde dieses Mal gleich von zwei Lesern unseres Lesekreises empfohlen und es wurde von allen gelesen.
Zur Einstimmung auf das Buch hat Andrea zu den üppigen Spareribs köstliche Bisquits gebacken und wer sich beim Lesen fragte, warum es im Buch Kekse zum Essen dazu gab, konnte feststellen, dass es sich dabei um eine leckere Art von Brötchen handelt.
Ich glaube, wir waren uns alle einig, dass das Buch wirklich gut war, und diskutierten über den Romanaufbau, die Erzählersicht und natürlich über das zentrale Thema von dem ungleichen Rechtsempfinden bei Morden an Farbigen oder Weißen bzw. der Frage, wie unterschiedlich Straftäter je nach Hautfarbe behandelt werden.
© Tintenelfe
Werte Tintenelfe, gerade gestern noch erzählte ich jemandem von diesem Buch. Da mich insbesondere Essen sehr interessiert, äußerte ich wiederholt meine Verwunderung, warum der sympathische Hund in diesem Buch ein erfolgreicher Eichhörnchenjäger ist – die Figuren in diesem Buch essen sogar wiederholt Eichhörnchen, die der Hund gefangen hat.Ich könnte das nicht. Und ich glaube es nicht. Aber ist ja auch nicht so wichtig. Viel wichtiger ist, dass dieses Buch hervorragend geschrieben ist, einen interessanten Plot dramaturgisch geschickt aufbaut und rundherum ein ungewöhnliches Leseabenteuer ist. Und dieser Schluß!!!