Stefan Heym: Der König-David-Bericht [Rezension]
Ethan, Sohn des Hoshaja, aus der Stadt Ezra, ein Historiker und Schreiber, wird zu König Salomo gerufen und damit beauftragt, den „Einen und Einzigen Wahren und Autorativen, Historisch Genauen und Amtlich Anerkannten Bericht über den Erstaunlichen Aufstieg, das Gottesfürchtige Leben, sowie die Heroischen Taten und Wunderbaren Leistungen des David ben Jesse, Königs von Juda, während Sieben und beider Juda und Israel während Dreiunddreißig Jahren, des Erwählten GOttes und Vaters von König Salomo“ zu erstellen. Schnell stellt er fest, dass dies nur ein Balanceakt zwischen historischer Genauigkeit und den Fordernissen des Königs und seiner Berater sein kann, denn sein Leben liegt in deren Händen. Sorgfältig wertet er Quellen aus, befragt die letzten Überlebenden aus der Zeit König Davids und spürt Widersprüche und vor allem wenig Heldenhaftes über den verehrten Herrscher auf. Ethan muss sich entscheiden, wieweit er der Wahrheit dienen darf und inwieweit er gewillt ist, zur Legendenbildung beizutragen…
Es hat eine Weile gedauert, bis ich in das Buch hinein gefunden habe, aber dann habe ich es doch mit großem Interesse gelesen. Richtig „klick“ hat es gemacht, als ich die verschiedenen Personen des König-David-Berichtes in den Weiten des Internets aufspürte und in einen besseren Zusammenhang bringen konnte. Von da an hat mir das Lesen richtig Spaß gemacht und ich habe in der Bibel ab und an Stellen nachgelesen.
Beeindruckend fand ich, wie Heym sich konsequent in der Sprache vergangener Zeiten ausdrückt, auch wenn es manchmal etwas gestelzt und gewollt klingt. Der innere Konflikt Ethans ist sehr gut herausgearbeitet und lässt den Leser sowohl das historische Interesse, die Suche nach der Wahrheit und das damit verbundene Dilemma nachspüren.
Heyms Roman ist als Kritik an der DDR gemeint, kann jedoch auf jede Diktatur übertragen werden. Überall da, wo Menschen sich zu Herrschern emporschwingen und ihre Herrschaft auf Angst und Unterdrückung begründen, wird die Wahrheit zur Gefahr und das Verfälschen geschichtlicher Ereignisse, um den eigenen Anspruch auf die Herrschaft zu legitimieren, ein hilfreiches Mittel zur Beeinflussung der Massen.
©Tintenelfe
2 Kommentare