Philip Kerr: Winterpferde [Rezension]
Es ist ein eisiger Winter 1941 auf Askania-Nowa, wo sich das jüdische Mädchen Kalinka versteckt hält. Hier in dem alten Naturreservat leben auch die seltenen Przewalski-Pferde. Sie scheinen zu spüren, dass Kalinka eine von ihnen ist – denn wie Kalinka sind sie in großer Gefahr vor den Nazis, die Askania-Nowa besetzen.
Mit Hilfe des treuen Tierwärters Max flieht Kalinka mit zwei Pferden und einem Wolfshund Hunderte von Kilometern über die weiße Steppe der Ukraine. Doch können ein Mädchen und drei Tiere der Übermacht der Deutschen entkommen? (Klappentext)
Als die Wehrmacht 1941 in die Ukraine einrückt, ergreift der Oberste Leiter des Staatlichen Naturreservats “Askanija Nowa” die Flucht. Zurück bleibt der Tierwirt Maxim Borisowitsch Melnik mit den Tieren des Reservats, darunter Zebras, Lamas und die vom Aussterben bedrohten Przewalski-Pferde, eine Urform unseres heutigen Pferdes. Der Befehl lautet, sämtliche Tiere zu töten, denn auf keinen Fall sollen sie den anrückenden Deutschen in die Hände fallen und ihnen gar als Nahrung dienen. Doch Maxim bringt es nicht übers Herz. Vor allem die urtümlichen, sehr intelligenten Przewalski-Pferde haben es ihm angetan. Er kann nicht verstehen, dass der deutsche Hauptmann Grenzmann diese wunderschönen Tiere als minderwertig und nicht lebenswert betrachtet und deshalb vollständig ausrotten will.
Doch zum Glück der Pferde gibt es Kalinka, ein jüdisches Mädchen, das dem Pogrom in seiner Heimatstadt entfliehen konnte. Instinktiv vertrauen die Pferde sich dem Mädchen an.
Philip Kerr ist mit seinem Jugendroman “Winterpferde” ein einfühlsamer und zugleich spannender Roman gelungen. Geschickt verknüpft er historische Fakten mit Wissen über die Wildpferde und mit einem Hauch Mystik des Verständnisses zwischen Mensch und Tier. Die Schrecken des Krieges spricht er an, doch geht er dabei behutsam vor. Der Leser erfährt von den Gräueln der Nazis (nicht nur) an den Juden, dem grenzenlosen Hunger im Land und den Schrecken der Bombardements. Doch im Vordergrund stehen Max, Kalinka und die wunderbaren Przewalski-Pferde. Bei Max erfährt das Flüchtlingsmädchen, das auf seinem Weg kaum Hilfe erfahren hat, Nähe, Liebe und Menschlichkeit. Durch ihn kann sie wieder an das Gute im Menschen glauben.
Auch wenn die Deutschen bei Kerr vorrangig als Kriegsverbrecher gezeigt werden, so zeichnet er doch kein einseitiges Bild. Es sind auch Ukrainer, die unmenschlich sind, wenn auch durch die Folgen des Krieges. Auch versucht Max ihr immer wieder zu sagen, dass nicht alle Deutschen Nazis sind und auch Kalinka wird dies eines Tages erfahren.
Kerr schreibt mit klarer Sprache und berührt dabei das Herz. Es gelingt ihm die Seiten der Menschen, ob schrecklich oder gütig aufzuzeigen, unabhängig von ihrer Volkszugehörigkeit. Auch die Verbundenheit zu Tier und Natur kommt stark zum Tragen. Dabei schlägt Kerr einen Bogen zum noch heute bestehenden Naturreservat Askania-Nowa, das vom Deutschen Baron Fein-Falz gegründet wurde und bleibt dabei historisch genau. Auch seien Ausführungen zu den Przewalski-Pferden sind gut recherchiert.
Ich habe “Winterpferde” mit großer Begeisterung gelesen und empfehle es gern weiter als ein Buch, mit dem man als Jugendlicher einen Ausschnitt des Zweiten Weltkriegs nachempfinden und etwas über die besonderen Urpferde, die Przewalski-Pferde, erfahren kann.
Das Hörbuch, gelesen von Torsten Michaelis, ist ebenfalls sehr zu empfehlen und hat gerade bei uns Einzug gehalten.
© Tintenhain
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Philip Kerr: WinterpferdeGebundene Ausgabe: 288 Seiten auch als Taschenbuch (288 Seiten) |
Die Rezension macht Appetit auf das Buch. Muss doch gleich mal schauen, was das für Pferde sind.
Viele Grüße aus MeckPom
Das hört man gern. Ich hatte auch gleich nach den Pferden und nach Askanija Nova gegoogelt. 😀
Huhu!
Eine ganz wunderbare Rezension, und das Buch klingt großartig. 🙂
Ich habe deinen Beitrag HIER für meine Kreuzfahrt durchs Meer der Buchblogs verlinkt!
LG,
Mikka
mikka@mikkaliest.de
Vielen lieben Dank, Mikka. Das Buch ist wirklich toll und so behutsam erzählt.
Liebe Grüße
Mona
Hey,
eine schöne Rezension 🙂 Ich kannte das Buch bisher nicht, bin nun aber definitiv neugierig darauf geworden. Ich mag historische Romane und hier scheint die Perspektive eher ungewöhnlich zu sein beziehungsweise die Ereignisse ‘von unten’ zu beleuchten, was eine gute Kombination ist.
Liebe Grüße,
Kerstin
Ich glaube, das ist die perfekte Mischung für mich: etwas Liebe, ein bisschen was von Tieren und natürlich die Abscheu vor Nazis. Dazu kommt die Spannung. Vielen Dank! Ich werde das Buch bestimmt auch bald lesen!
Für mich war es auf jeden Fall eine Entdeckung!