Buchklub Roter Saal – Literaturtalk in Braunschweig [Veranstaltung]
Zum bereits zehnten Mal begrüßte Moderator Peter Schanz ausschweifend das Literatur liebende Publikum zum Buchklub im Roten Saal. Für mich war es der zweite Buchklub, den ich besuchte, so kannte ich immerhin schon das Prozedere. Als musikalische Begleitung saß Burkhard Bauche am Piano.
Im Bühnen-Wohnzimmer im Retro-Look nehmen bei den literarischen Abenden jeweils ein singender und ein schreibender Gast Platz auf dem Sofa. Am heuiten Abend waren dies Sängerin Cristin Claas und die Autorin Angelika Klüssendorf. Mit klarer Stimme und einem leichten Lied eröffnete die Cristin Claas dann auch den Abend. Als Buchempfehlung hatte sie “Die Ordnung der Sterne über Como” von Monika Zeiner (Aufbau Verlag) im Gepäck. Ein Buch, das ihr von Freunden empfohlen wurde und welches sie in den letzten Monaten auf Zugfahrten begleitet hat. Cristin Claas und Peter Schanz unterhielten sich ausführlich über den Inhalt, wobei Herr Schanz der Sängerin regelmäßig ins Wort fiel, vielleicht, damit auch der letzte merkte, dass er das “lange Buch” auch gelesen hatte?
Einleitend zum nächsten Gast las Peter Schanz ein Kapitel aus Angelika Klüssendorfs “Das Mädchen”, ein Roman, der durch seine Sprache und seine Schonungslosigkeit besticht. Im Anschluss erzählte Schanz das komplette Buch, was mich persönlich nicht weiter störte, da ich den Roman bereits gelesen hatte. Doch Schanz setzte die Vorstellung der mehrfach ausgezeichneten Autorin mit einer ausführlichen Inhaltsangabe des fortsetzenden Romans “April” fort. Da ich nun bereits weiß, wie sich das Leben des Mädchens weiter entwickelt, kann ich mir zumindest in Hinsicht auf Neugier und Spannung das Lesen des Buches nun schenken.
Bevor Angelika Klüssendorf nun selbst auf dem Sofa Platz nehmen konnte, folgte ein Ritual eines jeden Buchklubs: Das Bücherwichteln. Dazu konnte jeder Besucher im Vorfeld ein Buch in einen großen Büchersack stecken. Nun wanderten die vier Säcke durch die Publikumsreihen und man konnte sich eines heraus nehmen. Ich erwischte wie schon beim letzten Mal den Uralt-Science-Fiction-Roman “Die Amazonen”, ein Buch, das offensichtlich gern von mir gelesen werden will, was ich aber auch dieses Mal wieder in den Sack zurück steckte. Meine Freundin, mit der ich zusammen dort war, erwischte übrigens auch einen Science-Fiction-Roman, während die Frau links von mir so lange tauschte bis sie am Ende einen Krimi von Daniel Holbe in der Hand hielt, den sie scheinbar am Ende doch noch irgendwie losgeworden war. Denn als wir gingen, hatte sich das Buch in “Mondscheintarif” von Idliko von Kürthy verwandelt.
Angelika Klüssendorf legte dem Publikum einen ganz besonderen Roman ans Herz. “Das große Heft” von Ágota Kristóf ein Buch, das sie selbst nicht nur zutiefst beeindruckt hat, sondern das sie seitdem auch all ihren Freunden und Bekannten weiter empfiehlt. Dass der Autorin das Buch am Herzen liegt, merkte man an der Art, wie sie den Roman und seine Autorin vorstellte. Doch viel wichtiger war es ihr noch, Ágota Kristóf für sich selbst sprechen zu lassen, und sie so las sie einige Szenen aus dem Roman vor, um dem Publikum einen Eindruck von der eindrucksvollen Sprache des Romans zu vermitteln. Im Gespräch mit Schanz musste auch Angelika Klüssendorf sich immer wieder durch den Moderator unterbrechen lassen, der jede Aussage noch um seine eigenen Gedanken ergänzen musste. Fast überschlug er sich, um schnell noch das Ende des Buches zu erzählen, nachdem Angelika Klüssendorf angekündigt hatte, noch eine entsprechende Szene vorlesen zu wollen. Dennoch lenkte der Moderator mit seinen Fragen auch geschickt in tiefere Fahrwasser und nötigte der Autorin eine Antwort auf die “blöde Frage” ab, warum wir “so etwas” (Düsteres, Deprimierendes) lesen.
Für mehr Heiterkeit sorgte dann aber das Literaturquiz, für das man vor Beginn der Veranstaltung bereits drei Fragen beantworten musste. Aus den richtigen Antworten – alle Antworten waren richtig – wurde eine Person ausgelost, die das Quiz nun auf der Bühne fortsetzen konnte. Auch wenn die Fragen recht abstrus und witzig waren (Wer hat morgen Geburtstag? In welcher Stadt befindet sich die Wilhelm-Raabe-Schule nicht in der Wilhelm-Raabe-Straße?), so waren sie in der Regel leicht zu beantworten, weil auch hier oft alle Antworten richtig waren. Peter Schanz führte sehr kurzweilig durch das Quiz, bei dem zum großen Ärger meiner Sitznachbarin auch noch vorgesagt wurde. Sie hatte das nämlich mit viel schwereren Fragen schon Mal gemeistert, wie sie mir währenddessen und auch nach der Veranstaltung eindringlich versicherte. Aber auch die heutige Kandidatin meisterte das Quiz mit Bravour und freute sich über einen Buchgutschein.
Der anschließenden Aufforderung an den Pianisten Burkhard Bauche für die heute Geburtstag habenden ein Ständchen zu spielen, kam dieser mit einem Gedicht der sächsischen Mundartdichterin Lene Voigt nach. Da auch Angelika Klüssendorf des Dialektes mächtig ist, teilten sich die beiden dann die Strophen von “De säk’sche Loreley“, das für viele Lacher sorgte.
Zwischendurch und auch zum Schluss zeigte die Sängerin Cristin Claas ihre Vielseitigkeit, sowohl musikalisch als auch sprachlich, denn ihre Texte sind nicht nur Deutsch und Englisch, sondern auch in einer selbst erfundenen Sprache. Ein paar Impressionen kann man in diesem Youtube-Video sehen und hören.
Der literarische Abend hat mir sehr viel Spaß gemacht, auch wenn ich mich ein wenig über die kompletten Inhaltsangaben geärgert habe. Ich hole mir hier ja doch sehr gern Buchtipps ab und möchte schon die Geschichte selbst erfahren können. So lesen wir zum Beispiel in meinem Lesekreis nach einer Empfehlung von Christoph Peters “Die Midaq-Gasse” von Nagib Machfus, ein Buch auf das ich sehr neugierig gemacht worden bin. Ähnlich geht es mir dieses Mal übrigens mit “Das große Heft”. Ich freue mich auf den nächsten “Buchklub im Roten Saal”, der hoffentlich im Herbst stattfinden wird und dann werden hoffentlich auch die Bilder besser. Ich bitte um Entschuldigung, es war schon sehr schummrig.
Danke auch an meine liebste Buchhandlung Graff, bei der ich erfreulicherweise die Eintrittskarten gewinnen konnte.
Die Tintenelfe
Das klingt nach einem tollen Abend 🙂
Schade, das ich keine Zeit hatte. Und anscheinend hat sich mein privat geäußerter Eindruck von Herrn Schanz an diesem Abend bestätigt. Und auch wenn die Bilder nicht viel taugen – der Mann muss dringend zum Barbier!
Ja, wirklich schade, dass du keine Zeit hattest, aber vielleicht klappt es ja beim nächsten Mal. Es ist wirklich sehr unterhaltsam gewesen und die vorgestellten Bücher fand ich auch ansprechend. Der Bart – nun ja, ich habe schon beim letzten Mal die ganze Zeit versucht, ihn mir wegzudenken. Ich glaube, der Mann wäre dann sogar recht attraktiv!
Hi,
so, das erste Mal, dass ich kommentiere. Das soll eine große Auszeichnung sein.
Ich habe mich sehr gefreut dabei gewesen zu sein. Und der liebe Moderator hatte für mich wie schon gesagt Etwas von Götz Alsmann. Ich denke der Bart ist nur Mittel zum Zweck- so muss man in dieser Branche aussehen, en markantes Körpermerkmal, was auch Assoziationen im Bereich Literatur oder Theater weckt und schon ist man im Gespräch. Hat ja geklappt 🙂
Also mein Endruck: sehr positiv und durchaus Richtung “hochwertig” von der Veranstaltung her. Da hatten wir ja auch schon Anderes 🙂
Liebe Grüße