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Charlie Lovett: Das Buch der Fälscher [Rezension]

Cover Charlie Lovett Das Buch der Fälscher
Cover © Suhrkamp

Peter Byerly ist ein Büchernarr, ein Antiquar und Buchhändler, der mit Büchern und für Bücher lebt. Einzig seine Frau Amanda kann dieser Leidenschaft das Wasser reichen. Doch Amanda ist leider verstorben, was den eigenbrötlerischen, verschlossenen Mann schier an den Rand der Verzweiflung bringt. Er flieht vor seinem grenzenlosen Kummer in ein kleines Cottage in Wales. Erst als ihm in dem berühmten Bücherdorf Hay-on-Wye zufällig das Aquarell einer jungen Frau in die Hände fällt, die seiner verstorbenen Amanda zum Verwechseln ähnlich sieht, wird sein Lebensmut wieder geweckt. Er muss herausfinden, wer diese Frau ist und wer sich hinter der geheimnisvollen Signatur B.B. verbirgt. Doch als Peter kurz darauf auf ein Buch stößt, das tatsächlich in Besitz William Shakespeares gewesen sein könnte und mit dem er beweisen könnte, dass Shakespeare seine Werke wirklich selbst verfasst hat, kann er der Herausforderung nicht widerstehen und wird in eine Verschwörung verwickelt, mit der der ruhige Buchhändler nicht gerechnet hat.

Dies ist ein wunderbares Buch für jeden Bibliophilen. Es geht um alte Bücher, um Manuskripte, den Geruch alter Bibliotheken, das Sammeln von Büchern und die Frage, ob Shakespeare wirklich der Verfasser der Theaterstücke ist, die ihn berühmt gemacht haben.

Aufhänger ist das Porträt der jungen Frau, das sich in einem berühmten Buch über Fälschungen aus dem späten 18. Jahrhundert befindet. Doch bald schon dreht sich der kriminalistische Handlungsstrang der Gegenwart immer mehr um den “Pandosto“, ein Werk Robert Greenes, eines Zeitgenossen William Shakespeares, auf dem dessen Theaterstück “A Winter’s Tale”beruht. Dieser “Pandosto” allerdings hat es in sich, denn er enthält handschriftliche Notizen Shakespeares. Peters Forscherdrang ist erwacht und um mehr zu erfahren, muss er aus seinem Schneckenhaus heraus kommen. Gleichzeitig wird in einem weiteren (historischen) Handlungsstrang die Geschichte des Buches erzählt, immer auf der Höhe mit Peters Ermittlungen.

Der Autor begibt sich hier auf die Spuren von historisch verbürgten Schriftstellern, Buchsammlern  und Fälschern. Peters Antrieb ist neben seiner Bücherliebe, Neugier und der aufregenden Entdeckung einer literarischen Sensation seine Frau Amanda, mit der ihn eine einzigartige, wunderbare Liebe verband. In Rückblenden erfährt der Leser in einem dritten Handlungsstrang, wie sich das Paar kennenlernte und was die zauberhafte Beziehung ausmachte. Hier wird auch deutlich, was  Peter für ein Mensch ist und wie er zu einem introvertierten Büchernarren geworden ist.

Charlie Lovett, der selbst ein Antiquariat betrieben hat, führt den Leser nicht nur in die Diskussion um die Urheberschaft der Shakespeare-Werke ein, sondern auch in die Welt der Büchersammler und Antiquare. Peter und Amanda lernen sich in einer wunderbaren Bibliothek kennen, in der viele alte Werke versammelt sind (unter anderem das First Folio von Shakespeare). Unter der Anleitung eines versierten Restaurators lernt Peter, Bücher zu binden und ihnen ein neues Gesicht zu geben. Eine der anrührendsten Szenen des Buches ist die, in der er ein Buch für Amanda restauriert.

Doch es geht auch um geschickte Fälscher und ihre Werke, ihre Methoden und ihre Tricks. Es ist unheimlich viel, was in dieses Buch gepackt wird, aber es bleibt auch durchgehend interessant. Dazu tragen die schnellen Wechsel zwischen den drei Handlungssträngen bei, die neben den zum Teil großen historischen Zeitsprüngen die volle Aufmerksamkeit des Lesers erfordern.

Wirkliche Spannung  erreicht das Buch allerdings erst zum Ende, wenn plötzlich Schlag auf Schlag die Geheimnisse gelöst werden und es unversehens um Leben und Tod geht. Bis dahin kann man viel Wissen um Bücher und ihre Geschichte aufsaugen und sich an einer charmanten Liebesgeschichte erfreuen.

Lovett schreibt gut lesbar und strukturiert, was für dieses Buch unheimlich wichtig ist, da die Handlung sehr verstrickt und aufgrund der Fülle an Informationen und Charakteren manchmal droht unübersichtlich zu werden. Es gelingt ihm, die Liebesgeschichte anrührend zu gestalten, auch wenn er sich dabei immer am Abgrund des Kitschigen bewegt. Zum Beispiel erscheint Peter seine verstorbene Frau in wichtigen Situationen als Geist, was mich persönlich durchaus an seinem Verstand zweifeln ließ. Man kann es aber auch besonders romantisch finden.

“Das Buch der Fälscher”, das im Original “A Bookman’s Tale” – angelehnt an Shakespeares “A Winter’s Tale” – heißt, ist ein spannender Roman rund um die Historie von Büchern, Fälschungen und Shakespeare, umrahmt von einer anrührenden Liebesgeschichte. Ein Muss für alle, die sich für alte Bücher interessieren.

© Tintenhain


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Leseprobe


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Einzelband
Gebundene Ausgabe: 405 Seiten
Verlag: Insel Verlag (16. September 2013)
Originaltitel: The Bookman’s Tale. A Novel of Obsession
Übersetzung aus dem Englischen: Lutz-W. Wolff
ISBN-10: 3458175830
ISBN-13: 978-3458175834
Preis: € 22.95 [D]
Bücherei
Cover Charlie Lovett Das Buch der Fälscher
Cover © Suhrkamp

7 Kommentare

  1. Das klingt nach einem Buch für mich *-*
    Wenn mein SUB mal wieder leer ist, muss ich mir das auf alle Fälle kaufen, am Besten direkt auf Englisch. Einfach weil Antiquariat und Shakespeare und viel Geschichtswissen *-*

    1. Das ist es auch, aber man muss schon sehr aufmerksam lesen. Eine Freundin aus dem Lesekreis meinte, dass es ihr schon zuviel war, was da alles reingepackt wurde. Sie hat nicht ganz unrecht.

      1. Ab und zu habe ich es ganz gerne, wenn dem Leser ein bisschen mehr Aufmerksamkeit abverlangt wird. Aber nur solche Bücher wären dann doch etwas anstrengend 🙂

  2. Das muss ich auf jeden Fall lesen! Shakespeare und Bibliophilie, klingt toll! Ich liebe Bücher, die von Büchern handeln und da ich mir erst neulich “The complete works of shakespeare” zugelegt habe, komme ich um “das Buch der Fälscher” wohl nicht drum rum… Kommt also definitiv auf meine Leseliste 🙂

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