Tintenhain – Der Buchblog

Peter Steinbach: Heute für Geld und morgen umsonst [Rezension]

5faesschen
Heute umsonst und morgen für Geld (c) KiWi Verlag
Peter Steinbach, mit dem “Grimme-Preis” ausgezeichneter Drehbuch- und Hörspielautor, legt mit „Heute für Geld und morgen umsonst“ seinen ersten Roman vor.
Der zehnjährige Osvald erzählt vom letzten Jahr des Krieges. Die Mutter ist hochschwanger, der Vater geradezu fieberhaft beschäftigt mit dem Vorantreiben von Ergebnissen in der Kriegsforschung, die unzählige Menschen das Leben kostet, jedoch das Leben der eigenen Familie schützt. Denn nur die von den Nazis hoch anerkannte Arbeit des Virologen verhindert, dass Osvald und seine jüdische Mutter deportiert werden, jedoch nicht die Ausgrenzung im Alltag und die stete Gefahr der kreisenden Bomber. Da Osvald nicht zur Schule gehen darf, bleibt ihm die Welt der Filme, Bücher und der Fantasie, die er aus Büchern über fremde Länder und Abenteuer und seinem „Heimkino“ nährt. Der Junge beobachtet die Erwachsenen in seiner Umgebung sehr genau, unternimmt immer wieder verbotene Ausflüge und setzt sich aus den Puzzleteilen eine eigene Weltsicht zusammen. Als die Mutter nach der Geburt des Kindes untertauchen muss, wird Osvald beim Bäcker Bredno versteckt und erlebt von einem kleinen Kellerfenster aus die letzten Tage des Krieges mit all ihren Schrecken.
Peter Steinbach erzählt mit dem speziellen Blick eines zehnjährigen Jungen, manchmal skurril und surreal, aber immer haarscharf beobachtet. Dabei vermeidet er Wertungen, es bleibt dem Leser überlassen, hier eigene Schlüsse und Urteile zu bilden. Es ist eine andere Sichtweise auf Hitlers Politik, dem Alltag der Menschen, Deportationen, Konzentrationslagern und dem Leid der  Kriegsgefangenen, eine Sicht aus Kinderaugen, die Tragweite nicht begreifend, das Geschehen nicht wirklich verstehend, aber mitfühlend, menschlich und stets von der Sehnsucht nach Normalität im Wahnsinn begleitet. Peter Steinbach lässt szenische Bilder entstehen, die manches Mal an den Film „Das Leben ist schön“ erinnern. Bilder, die lange im Kopf bleiben und das Buch zu einem tiefen Leseerlebnis werden lassen.
© Tintenelfe

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert